Es ist kurz nach 16 Uhr in Berlin. Der Weg ist rutschig, es hat geschneit, und es wird langsam dunkel. Etwas versteckt in einem Hinterhof befindet sich das Fotostudio des Vereins P: Photography Unlimited. In dem kleinen Fabrikgebäude brennt hinter den großen Glasfenstern Licht. Es sind schon ein paar Leute zu sehen – heute werden die Workshops für 2024 vorgestellt. Am Eingang empfängt Kristina Zwirner, Vereinsvorsitzende, die kurzerhand herumführt.
Das Studio im östlichen Stadtteil Oberschöneweide hat zwei Etagen, verschiedene Arbeitsbereiche und ein riesiges Inventar an Foto- und Kameraequipment. In den Werkstätten gibt es ein digitales Labor, das sowohl eine Scanner- als auch eine Digitalisierungsstation besitzt. Normalerweise haben ausschließlich Museen Zugang zu solch teuren Geräten. Direkt nebenan befindet sich eine Dunkelkammer und das analoge Labor. Hier können Negative zum Leben erweckt werden – in Schwarz-Weiß oder in Farbe. "Ziel von P: Berlin ist es, Fotografie als Kunstform in ihren analogen wie digitalen Ausprägungen zu erhalten, ihre Produktion und Publikation zu fördern und ihre Weiterentwicklung zu ermöglichen", heißt es in der Akademie-Beschreibung.
Der offene Eingangsbereich bietet einen riesigen Tisch, eine Küche und zwei Bäder. Der Ort ist für einen langen Aufenthalt gemacht – und seit Ende November 2023 ist das Studio sogar einen Raum größer: ein Atelier in der zweiten Etage kann als komplett ausgestattetes Fotostudio benutzt werden. Bilder schießen, entwickeln lassen, bearbeiten, digitalisieren: ein Kreislauf, der das Arbeiten attraktiv und unkompliziert macht. Projekte können jetzt direkt vor Ort realisiert und auch vollendet werden.
Von Kunst und Technik der Zusammenarbeit
Mit diesem Konzept überzeugt das Fotostudio P: Berlin auch Laura Eileen Lindenmann: "Es ist einfach wichtig, das Handwerk mal wieder selbst auszuführen", meint die Fotografin, die zum ersten Mal im P: Berlin ist. Ihre Kollegin Natalia Kepesz hingegen nutzt seit mehr als drei Jahren die Räumlichkeiten des Vereins. Sie sagt, dass man diese Art von Konzept sonst nirgendwo anders findet.
Und auch wenn P: Berlin vor allem die Tätigkeit bereits erfahrener Fotografen und Fotografinnen fördern und erleichtern möchte, freut sich der Verein auch über Nachwuchs-Künstler und -Künstlerinnen. Mit der Ostkreuz-Schule pflegt das Studio bereits engen Kontakt, aber zukünftig könnten auch Universitäten und Hochschulen von dem Konzept der Raumnutzung profitieren.
Mittlerweile ist es fast 18 Uhr - so langsam wird es immer voller. Es herrscht eine heitere Stimmung, das neue Atelier hallt vor Gesprächen. Ludwig Rauch tritt vor die Leinwand und bittet um Aufmerksamkeit. Der Fotograf und Ostkreuz-Dozent stellt gemeinsam mit Alexander Schippel zwölf Workshops für das neue Jahr vor, die von technischen Themen wie der Einführung in die Digitalisierungsstation bis zu künstlerischen Bereichen wie das Stillleben ein breites Spektrum abdecken.
Familiär aber professionell
Alexander Schippel scheint gerührt. Der Architekturfotograf hat den Verein im Dezember 2016 gegründet, um eine Weiterbildungsstätte zu schaffen, die für aktives Co-Working steht. An diesem Ort kann sich neben dem Arbeitsplatz auch das Equipment geteilt und vor allem kreativ ausgelebt werden.
Das Fotostudio gehört zu den wenigen, vielleicht ist es auch das einzige in Europa, vermuteten Zwirner, das über solch eine besondere Ausstattung verfügt. Auch Rauch sieht in der Akademie großes Potenzial. Das Studio hat zwar treue Anhänger, trotzdem gleiche es noch einer "Nische". Durch das vielversprechende Programm 2024 könnte der Verein allerdings an Reichweite gewinnen und so zukünftig Festanstellungen ermöglichen. Das wünschen sich zumindest Schippel und Zwirner.
Der Verein lebt momentan von seinen Mitgliedern, die ehrenamtlich arbeiten. Aber auch von den gebuchten Räumen, Nutzung der bereitgestellten Medien und Kooperatiospartnern wie Hedler Systemlicht oder Novoflex, die Ausstattung zum Gebrauch zur Verfügung stellen und das Studio gleichzeitig als Showroom nutzen. Familiär aber professionell, fortschrittlich und zugänglich wird hier die Kunst der Fotografie begriffen. Ein Raum, der für Weiterentwicklung und dennoch zum Bleiben gemacht ist.