Tanzende Hände, organische Körperlichkeit und experimentelles Theater - seit über 50 Jahren machen die Choreografien von William Forsythe weltweit Furore. Nun sind seine visionären Konzepte da, wo sie hinpassen: Im Medienkunstzentrum ZKM. Am Freitag vertraute der vielfach ausgezeichnete US-Ausnahmekünstler sein Archiv den Karlsruhern an. Das ZKM soll den digitalen Schatz erhalten und zugleich für die Öffentlichkeit zugänglich machen.
Das Forsythe-Archiv umfasst 4000 Videobänder und Datenträger sowie zahlreiche Notizen, Korrespondenzen, Fotos, Installationen und weitere Unterlagen. Langfristig sollen auch Forsythes persönliche Produktionsnotizen hinzukommen. Die Öffentlichkeit erhält damit Einblick in alle Schaffensperioden - von den Anfängen am Stuttgarter Ballett über die Ära am Ballett Frankfurt (1984–2004) und die Forsythe Company (2005–2015) bis hin zur Gegenwart.
"Ein Archiv ist für mich ein lebendes Ding", sagte der 73-Jährige bei der Übergabe seines digitalen Schatzes. Seine Bänder und Dokumente sieht er in Karlsruhe gut aufgehoben, weil er mit dem renommierten Medienkunstzentrum neue Projekte entwickeln will.
Ein Geschenk für alle
"Das Archiv ist ein Geschenk, nicht nur für das ZKM, sondern vor allem für die Künstler:innen des 21. Jahrhunderts", so Weibel. "Wir sind überglücklich."
Forsythe zählt zu den renommiertesten und kreativsten Choreografen des zeitgenössischen Balletts. Als Tänzer und Choreograf hat er das moderne Ballett quasi in seine Einzelteile zerlegt und neu zusammengesetzt. Kostproben aus seinem Archiv zeigten am Freitag vor allem eines: Der Choreograf war im Grunde schon immer auch Medienkünstler. "Die neuen Medien erlauben es, das innere Leben des Tanzes nach außen zu bringen", sagte er.
Mit der Übergabe an das ZKM soll Forsythes revolutionäre Zusammenarbeit im Kollektiv erforscht und für künftige künstlerische Projekte nutzbar gemacht werden. Das ZKM bringt dabei seine Expertise im Bereich audiovisueller Medien ein und sein Labor für antiquierte Videosysteme. Es hat neben seinen Sammlungen der Medienkunst aus dem 20. und 21. Jahrhundert auch ein Archiv, in dem unter anderem 27 000 Videobänder lagern.
Die Übergabe des Archivs knüpft an gemeinsame künstlerische Kooperationen an. Mit dem ZKM entwickelte Forsythe 1999 die CD-ROM "William Forsythe: Improvisation Technologies. A Tool for the Analytical Dance Eye". Sie gilt als wegweisend für die Erforschung und Weitergabe choreografischer Konzepte durch digitale Medien. "Meine künstlerische Beziehung zum ZKM reicht bereits weit zurück. Nun wird diese Beziehung noch weit in die Zukunft fortgesetzt", so Forsythe.