Andrea Schurian vom Wiener "Standard" schreibt, man fühle sich bei Anne Imhofs "Faust" "an die neuere deutsche Kunstgeschichte erinnert, die sich an der (Nazi-)Vergangenheit und Gegenwart abarbeitet, denkt etwa an Joseph Beuys und seine Kojoten und Wölfe."
Laura Cumming vom "Observer" aus London sieht im deutschen Beitrag den fesselndsten aller Nationalpavillons: "Anne Imhof, aufsteigender Stern der deutschen Kunstszene, hat eine solch epische Performance choreografiert, dass man nur einen Bruchteil sehen kann." Und die Autorin fährt fort: "Für mich war es eine entsetzliche Erfahrung, auf Mitmenschen hinunterzublicken wie in einem Nazi-Experiment; obwohl ein Gefühl von Meuterei entstand, als ein Junge floh und begann, in einen Black-Metal-Tanz einzusteigen."
Laura McLean-Ferris vom britischen Kunstmagazin "ArtReview" ist distanzierter: "Zu einer Zeit, in der Arbeitskräfte abgebaut werden, Informationen zurückgehalten werden und es schwer ist, Schuldige für Ereignisse wie die globale Bankenkrise zu finden, bringt Imhof sichtbare Formen von Beziehungen, Begehren und Abhängigkeiten auf die Bühne, die trotzdem keinen Höhepunkt finden."
Der Online-Dienstleister "Artnet" mit Sitz in Berlin und New York findet die Performance eindrucksvoll. Andrew Goldstein kommentiert: "Bewacht von drohenden Dobermännern hinter einem Zaun, weist Imhofs 'Faust' – hier gab es die längsten Warteschlangen bei der Preview – eine Kohorte von intensiven, schwarz-gekleideten Performern auf, die Augenkontakt mit den Besuchern halten, während sie tanzen, marschieren und sich in sterilen Umwelten winden, die einem Mix aus Gefängnis, Krankenhaus und S&M-Verlies ähneln."
Adrian Searle von der britischen Tageszeitung "The Guardian" ist eingenommen von der Performance: "Imhofs Arbeit arrangiert sich, als wäre sie eine Fashion-Show und löst sich dann auf. Dobermänner liegen herum und trotten hinter gläsernen Wänden außerhalb des Pavillons. Die Performer existieren eher, als zu performen, sind sich unserer Präsenz aber bewusst. Jemand ist auf dem Dach, sitzt auf dem Geländer, schwingt ein Bein, rauchend und hinunter blickend. Ich denke, ich sah Spott in diesem Blick. Fesselnd und anziehend, Imhofs Faust gewann den Goldenen Löwen für den besten Pavillon."
Die Pariser Tageszeitung "La Croix" lobt die Tiefgründigkeit des deutschen Beitrages. Der Pavillon war "eine Sensation während der ersten Tage der Preview, hier gab es die längsten Warteschlangen, und er gewann den Goldenen Löwen. Entworfen von der jungen Anne Imhof, geboren 1978, zeigt er mehrere junge Menschen wie in einem Menschen-Zoo, und erzeugt Unwohlsein." Weiterhin offenbare uns Anne Imhof "eine hinterhältige Gefangenheit der Jugend, einen provokanten Spiegel unserer Menschlichkeit".
Für Kat Herriman, Autorin der "New York Times", fällt "Faust" unter die "10 besten Dinge der Venedig-Biennale". Sie ist angetan von einer "alle Sinne erfassende Malerei, komponiert aus Schauspielern, Dobermännern und Skulpturen" und führt aus: "Die lebende Installation wird in Bewegung gesetzt von einer Truppe von scharfsichtigen Performern, Musikern und Tänzern, mit denen Imhof dauerhaft zusammenarbeitet. Man kann ihren Enthusiasmus spüren. Er ist ansteckend."
Die französische Zeitung "Le Parisien" stellt eine Besonderheit der Performance heraus: "Die Ergründung der Verschiebung und Aufhebung der Grenzen zwischen Publikum und Darstellern ist ein hervorstechendes Merkmal der Performance von Anne Imhof, die Stunden andauert."