Freo Majer ist gelernter Opernregisseur und künstlerischer Direktor von Forecast, einem internationalen Netzwerk für Wissenstransfer, das Stipendien an junge Künstlerinnen und Künstler aller Sparten vergibt. In der aktuellen Ausgabe des Monopol-Podcasts "Fantasiemuskel" erklärt Majer, warum unsere Gesellschaft mehr offenen Austausch ohne Zielvorgaben braucht
Jeder kommt auf unterschiedlichen Wegen zur Kunst – bei Freo Majer war sie immer da. Schon als Kind, so erzählt er den Podcastern Friedrich von Borries und Torsten Fremer, sei er "unersättlich" gewesen. "Immer wollte ich irgendwas probieren, mit Material, Farbe, Basteln, Bewegung, Musik." Zunächst dachte er, dass die Oper all diese Dinge zusammenbringen würde und wurde Opernregisseur – doch das war nicht das richtige für ihn. "Man ist dann ja immer von Montag früh, Probenbeginn, bis sechs Wochen später zur Premiere an einem Ort und ist in einem merkwürdigen Zombiemodus." Und so stellte er fest, dass künstlerisches Erfinden zwar seine Obsession ist, aber er es nicht unbedingt selbst tun muss.
Deshalb baute er vor rund zehn Jahren das internationale Mentoring-Programm Forecast auf. Es bietet jungen Künstlerinnen und Künstlern aus der ganzen Welt die Möglichkeit, mit erfahrenen Koriphäen ihres Metiers zusammenzuarbeiten. Basis ist ein sehr intensiver Auswahlprozess, "weil wir wissen wollen, was in der Welt los ist", so Majer. "Worüber denken interessante Leute nach, und wie kann man sie dabei befördern, daraus etwas zu machen?"
Nicht im stillen Kämmerlein, sondern im Dialog soll so Neues entstehen, Unerwartetes, Wagemutiges. Gerade fand die achte Ausgabe des Forecast Festivals im Berliner Radialsystem statt. Es spannte den Bogen von Georgien nach Südafrika, von Japan nach Brasilien, beschäftigte sich mit Mode genauso wie mit Pflanzen, menschlichen und nicht-menschlichen Körpern. Es präsentierte poetische Erfahrung und Performance – alles vor der Folie drängender gesellschaftlicher Fragen wie zum Beispiel dem Klimawandel, denn Freo Majer geht es nicht um Kunstgattungen, sondern darum, Möglichkeiten von Zukunft zu erforschen.
Suche nach unsicherem Wissen
Kunst ist für ihn dabei ein wichtiges Erkenntnisinstrument, weil es, anders als die Wissenschaft, das sinnliche Erlebnis ermöglicht. "Wir kennen alle diese Konferenzen und Sessions und Panel Diskussionen, wo wirklich wunderbare Leute hinter ihren Wassergläsern sitzen", so Freo Majer, "und die sagen dann ganz genau die klugen Dinge, die wir alle schon seit zehn Jahren wissen."
Stattdessen begibt sich Forecast auf die Suche nach dem unsicheren Wissen, nach Antworten, die wir alle noch nicht kennen. Das sei natürlich eine gewisse Überforderung, so Majer, aber ohne diese entsteht nichts Neues. Für ihn ist Überforderung deshalb das wichtigste Grundprinzip – ohne das Zukunft nicht entstehen kann.
Im Monopol-Podcast "Fantasiemuskel" sprechen Friedrich von Borries und Torsten Fremer mit Expertinnen und Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Kunst darüber, wie wir mit Vorstellungskraft und Fantasie die Zukunft besser gestalten und welche Rolle die Kunst dabei spielen kann. Die aktuelle Folge können Sie überall hören, wo es Podcasts gibt, oder direkt hier: