Nacktdarstellung

Facebook sperrt Seite von Tanzfestival

Im April sperrte Facebook die Seite des Wiener Impulstanz-Festivals aufgrund einer Nacktdarstellung. Erst am Mittwoch hat Facebook auf die Beschwerde der Veranstalter reagiert – und sich entschuldigt 

Nackte Haut an nackter Haut. In einer sich schwarmartig bewegenden Gruppe zusammengepfercht sieht man blanke Rücken, unbedeckte Arme, Beine und Geschlechtsteile. Ende April wurde die Facebook-Seite des Wiener Impulstanz-Festivals gesperrt, nachdem sie einen Festivaltrailer mit (zu viel) nackter Haut hochgeladen hatten und dieser daraufhin von jemandem als Verstoß gegen die Geschäftsbedingungen gemeldet wurde. Obwohl die Organisatoren den Facebook-Beitrag mit Aufnahmen der belgisch-dänischen Choreografin Mette Ingvartsen umgehend gelöscht hätten, habe Facebook die komplette Seite offline gestellt. Laut eigener Aussage habe das Tanzfestival durch die Stilllegung seines Facebook-Accounts über 36.000 Abonnenten und Abonnentinnen verloren. Ihr ersatzweise eingerichteter Facebook-Auftritt hat erst knapp über 2.000 Follower. Impulstanz leitet jüngst rechtliche Schritte gegen Facebook ein.

"Die Löschung der ImPulsTanz-Seite ist insbesondere vor dem Hintergrund verwunderlich, als die Facebook-Gemeinschaftsstandards Bilder von Kunstformen gestatten, die nackte Personen oder Figuren zeigen", schreiben die Veranstalter des Impulstanz-Festivals in ihrer Pressemitteilung.

Am heutigen Dienstag hat Facebook endlich reagiert: "Wir haben die Sperre aufgehoben und uns bei den Seitenbetreibern für den Fehler entschuldigt", zitiert "Der Standard" unter Berufung auf eine Meldung der österreichischen Nachrichtenagentur APA einen Facebook-Sprecher.

Das seit 1984 jährlich in Wien stattfindende internationale Festival für zeitgenössischen Tanz ist zu einer wichtigen Instanz für die Tanzszene geworden. Impulstanz streckt sich über fünf Wochen in den Monaten Juli und August und füllt das "Sommerloch" der kreativen Branche mit Performances, Residencies, Forschungsprojekten, inklusiven und diversitätssensiblen Tanz-Workshops sowie mit täglichen Live-Konzerten und DJ-Sets.

Facebook als Zensor

Die Sperrung der Impulstanz-Seite reiht sich ein in eine immer länger werdende Liste von Zensuren durch das einflussreichste soziale Netzwerk. Aufgrund der strengen Algorithmen und Meldungen von Userinnen und User seien bereits Abbildungen der "nackten" prähistorischen Skulptur "Venus von Willendorf" oder die während des Vietnam-Kriegs geschossene Fotografie "Napalm Girl" von Nick Ut, auf der unter anderem ein nacktes Mädchen zu sehen ist, als anstößig oder pornografisch gemeldet worden.

Dass Facebook den Umgang mit als vulgär oder gewaltverherrlichend gemeldete Inhalte ernst nimmt, ist gut. Für Künstler und Künstlerinnen, bei denen Darstellung von Nacktheit zur künstlerischen Praxis gehört, ist eine Sperrung der ganzen Seite wegen eines missliebigen Videos oder Fotos jedoch problematisch.

Dass dies zudem mit einschneidenden Sichtbarkeitsverlusten einhergeht, musste Impulstanz nun am eigenen Leib erfahren: "Trotz Einspruchs über das von Facebook zur Verfügung gestellte Formular und oftmaligen Versuchen von ImPulsTanz mit Facebook Kontakt aufzunehmen, bleibt die Seite bereits seit über zwei Monaten gesperrt."