Herr Kessels, man nennt Sie den Rockstar unter den Werbern. Was ist gute Werbung?
Die meisten Leute hassen traditionelle Mainstreamwerbung, mich eingeschlossen – seltsam, aber wahr. Genau das inspiriert mich, Werbung zu machen, die die eine oder andere Grenze verrückt. Die Kampagnen meiner Agentur KesselsKramer kreisen um Ironie, Humor und Ehrlichkeit. Regeln sind gemacht, um gebrochen zu werden. Mit einem gewissen Sinn für Rebellion kann man Arbeiten kreieren, die einen tieferen Sinn haben und die – mit etwas Glück – im Gedächtnis bleiben.
Ehrliche Werbung, wirklich?
Beim Hans Briker Budget Hotel in Amsterdam, einem Hotel, dessen Reputation ungefähr so unbefleckt ist wie seine Badezimmer, haben wir Poster entworfen mit Statements wie: "Jetzt ein Bett in jedem Raum" oder: "Schlimmer kann's nicht werden, aber wir tun unser Bestes". Man muss sich nicht immer selbst so ernst nehmen.
Was ist ein gutes Bild, in Werbung oder Kunst?
Wir leben in einer Zeit, wo Perfektion das ultimative Ziel ist. Wir haben die Technologie dazu, perfekte Kameras und zahllose Apps und Tools. Viele Bilder sind heute so perfekt, dass sie surreal wirken. Aber Perfektion ist langweilig. Ich finde, dass Fehler respektiert werden sollten. In der Werbung und auch in der Kunst. Es ist im Übrigen überraschend, wie sehr die beiden Disziplinen sich gegenseitig beeinflussen können.
In Ihrer Kunst nutzen Sie gefundene Amateurfotos – auch die sind nicht perfekt.
Genau, am liebsten Serien, die ich online oder auf Flohmärkten finde. Heute verdauen die Leute vor dem Mittagessen mehr Bilder als Leute im 18. Jahrhundert in ihrem ganzen Leben. Deshalb nutze ich gern Bilder, die es schon gibt. Man könnte das nachhaltige Fotografie nennen.