Rollenspiele: die junge Frau im Kostüm zwischen Wolkenkratzern. Ein verlotterter Clown, eine Renaissance-Schönheit, die Diva im späten Hollywood-Glamour. Das sind nur ein paar Inszenierungen aus dem Studio von Cindy Sherman. Wohl kaum ein künstlerisches Werk ist im feministischen Diskurs so häufig ausgedeutet, interpretiert, abgebildet und zitiert worden wie die Fotografien von Cindy Sherman.
Wer da einen Gegensatz konstruiert, zwischen Originalität und Wirkung, ahnt nicht, wie wenig sich Künstler für ihre Wirkung tatsächlich interessieren. Im Gespräch jedenfalls kann sich Cindy Sherman manchmal kaum an die Namen der Theoretikerinnen und Gender-Forscher erinnern, die über sie geschrieben haben. Denn sie forscht auf ihre Weise – und bleibt in aller Konsequenz einfach dabei, über Jahre und Jahrzehnte.
Es hat sie in den Anfangsjahren weder gekümmert, dass Fotografie noch überhaupt nicht als künstlerisches Medium galt. Noch, dass man vom Verkauf kleiner, schwarz-weißer Aufnahmen kaum überleben kann. Heute muss man sagen, dass Kollegen durchaus geschickter darin sind, dem Kunstmarkt große Brocken hinzuwerfen. Cindy Sherman dagegen ist weitgehend bei ihrem Ansatz geblieben, sich selbst zu fotografieren und davon Abzüge in Formaten herzustellen, die kaum den Rahmen von Altmeister-Gemälden sprengen. Hätte sie sich nicht auch etwas Neues ausdenken können?
Nein. Weil sie sich tatsächlich nur dafür interessiert, für diese Aufnahmen von allem, was das Bild eines Körpers ausmachen kann. Für Schminke, Kostüme, Licht und Accessoires. Prothesen und Perücken. "Manchmal lasse ich eine Idee fallen oder erkenne, dass die Perücke nicht stimmt", das ist ein Satz, der die Intimität ihrer Arbeit ganz gut reflektiert. Deswegen ist ihr Werk einzig, deswegen provoziert es so viel Gedankenarbeit. Es gibt genug zu sehen auf den Fotografien, damals wie heute.
Und es ist ein Konzept, das sich sozusagen von selbst zuspitzt. Denn was das für Cindy Sherman bedeutet, als Künstlerin, dass sie nun mit einem gealterten Körper, mit Falten arbeiten muss, das sollte mal ausdeuten, der dieses Werk in seinen Dimensionen für banal hält.