Gadgets werden häufig erfunden, weil sie die Welt praktischer, einfacher, manchmal sogar besser machen sollen. Das in England gegründete Unternehmen Dyson, das viele als Produzenten von Staubsaugern, Ventilatoren und Händetrocknern kennen, sieht für die Zukunft offensichtlich eher schwarz. Soeben hat es für dieses Jahr Dyson Zone angekündigt: Ein Hybrid-Device, ein halber Ant-Man-Helm bestehend aus Bluetooth-Noise-Cancelling-Kopfhörern und einem aktiven Luftfilter, der durchaus cineastisch anmutet. Ein kleiner Schutzraum, der einen vor Zombie-Viren und dem Lärm der furchtbaren Umwelt abschottet – eine physische Filter-Bubble.
Laut Dyson ist das kein vorgezogener Aprilscherz, sondern eine ernstgemeinte Produktentwicklung. Spätestens, wenn der nächste Pandemie-Winter kommt, könnten diese Cyborg-mäßigen Helme zum Stadtbild gehören. Über Erfindungen von Dyson haben viele oft gelacht, damals in den 1990ern war es die Staubsauger-Industrie, die dachte, dass sich beutellose Sauger mit buntem Design niemals durchsetzen würden. Dyson ist heute ein Milliarden-Unternehmen.
Defensive Gadgets und Stile sind seit mindestens zwei Jahren sehr präsent und angesagt. Modisch liefen und laufen in Berlin, London und New York viele Laptop-Sklaven im sogenannten Gorpcore herum: Outdoor-Funktionskleidung von Arcteryx, viel Fleece, Salomon-Tech-Schuhe – als müsste man jederzeit vor dem Schlimmsten gewappnet sein und notfalls auch den K2 mit einer Flasche Wasser besteigen können. Die wohlig trockene Wärme der Kunstfasern suggerieren Schutz. Das Gleiche gilt aber auch für Springerstiefel von Doc Martens, die gerade bei Teenagern oft zu sehen sind. Leichte Espadrilles und feine Caprihose scheinen in Krisen- und Kriegszeiten sehr weit weg und wirklich unzeitgemäß.
Symbolische Aufrüstung des Individuum
Dysons Zone schlägt in eine ähnliche Kerbe. Man fühlt sich damit wie Darth Vader oder der Batmans-Widersacher Bane, aber zumindest wie Neil Armstrong. Und auch wenn dieser Hybrid-Kopfhörer im Falle eines Giftgasanschlags wenig bringen dürfte. Die physische Filter-Bubble ist nicht zuletzt auch eine symbolische Aufrüstung der Einzelnen. Angenommen morgen würde vor Ihrer Haustür der Krieg ausbrechen und Sie hätten die Wahl zwischen drei Autos, um ihre Familie in Sicherheit zu bringen: ein Ferrari, ein Käfer-Cabrio oder ein SUV. Welches nehmen Sie?
Es gibt zudem kritische Stimmen, die behaupten, dass so eine Art des Luftfilters vielmehr eine Virenschleuder, ein eigener Superspreader sei, als ein ernstzunehmender Filter. Aber man sollte wenigstens warten, bis dieses neue Gadget im Handel landet. Aber ja, der Dyson Zone scheint eher ein Lifestyle-Statement als ein zuverlässiges Krisen-Tool zu sein, das waren die anderen Produkte der Marke aber auch zumeist und konnten sich dennoch durchsetzen.
Ich frage mich aber, was solche Lifestyle-Statements mit uns machen? Ist die Welt wirklich so geworden wie in finsteren Sci-Fi-Szenarien, in denen man ohne High-Tech-Schutzhelm nicht mehr vor die Tür gehen sollte? Ich merke heute schon, wie die Rauschunterdrückung meiner Kopfhörer mich in der U-Bahn isolieren. Dass ich nicht höre, wenn andere mich von hinten ansprechen. Eine durchaus bewusste Entscheidung der Abkapselung, aber wie sozial ist die?
Auch diese mobile Komfortzone von Dyson dürfte bezüglich des Miteinanders, was wir in großen Teilen wieder erlernen müssen, keinen konstruktiven Beitrag leisten. Aber solange Menschen SUVs fahren und wie derzeit Diesel im Garten bunkern, werden wir auch solche Gadgets vermeintlich benötigen.