Der technische Fortschritt bringt neue juristische Probleme mit sich: Am BGH ging es nun um Drohnen-Aufnahmen von Kunstinstallationen für Bücher. Hat das Urteil auch etwas mit Privataufnahmen zu tun?
Ein paar Fotos von einer Skulptur, einer Lichtinstallation oder einem Kunstwerk anderer Art sind schnell gemacht. Doch wer diese veröffentlichen will, muss aufpassen. So sind etwa Aufnahmen von urheberrechtlich geschützten Werken, die mit Hilfe einer Drohne gemacht wurden, unzulässig, wie der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt geurteilt hat.
Mit der Veröffentlichung solcher Bilder habe ein Buchverlag in das Recht der Urheber zur Vervielfältigung und Verbreitung der Werke eingegriffen, sagte der Vorsitzende Richter Thomas Koch. Diese hätten ein berechtigtes Interesse, "an der wirtschaftlichen Nutzung ihrer Werke tunlichst angemessen beteiligt zu werden". (Az. I ZR 67/23)
In dem Verfahren ging es um Luftbildaufnahmen von Kunstinstallationen für zwei Bücher mit Ausflugstipps zu Halden aus Überresten des Bergbaus im Ruhrgebiet. Die Künstler der Werke haben Verträge mit der Verwertungsgesellschaft (VG) Bild-Kunst abgeschlossen, die Rechte und Ansprüche von Urhebern wahrnimmt. Diese hatte moniert, die Publikationen verletzten Urheberrechte - und setzte laut einer Sprecherin unter anderem für beide Reiseführer 2.676 Euro Lizenzgebühren sowie Schadenersatz für die Einschaltung eines Anwalts an.
Die Vorinstanzen hatten ihr weitgehend Recht gegeben. Der BGH stützte diese Auffassung und wies die Revision des Verlags gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts Hamm zurück.
"Panoramafreiheit" hat Grenzen
Knackpunkt der Entscheidung ist die sogenannte Panoramafreiheit. Diese schränkt Urheberrechte ein. Zulässig ist es, Werke, "die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, mit Mitteln der Malerei oder Grafik, durch Lichtbild oder durch Film zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben".
In einem früheren Urteil zum Kussmund-Logo auf Schiffen der Kreuzfahrtreederei Aida Cruises hatte der BGH zudem entschieden, dass sich die Panoramafreiheit auch auf Kunstwerke erstreckt, die nicht an einem festen Ort gebunden sind. Das gilt ebenso für Fahrzeuge, die gemäß ihrer Bestimmung im öffentlichen Straßenverkehr eingesetzt werden.
Entscheidend ist laut Richter Koch, dass die Orte für das allgemeine Publikum zugänglich seien. Eine Grundsatzentscheidung des BGH hierzu betraf vor rund 20 Jahren ein Haus des Malers Friedensreich Hundertwasser in Wien. Ein Fotograf hatte sich für eine Aufnahme Zugang zu einer Privatwohnung im gegenüberliegenden Haus verschafft. Das geht nicht.
Von urheberrechtlich geschützten Werken sind Fotos von öffentlichen Orten aus erlaubt, wenn beim Fotografieren keine Hilfsmittel verwendet wurden, die einen anderen Eindruck entstehen lassen als Fotos aus dem allgemein zugänglichen öffentlichen Straßen- und Landschaftsraum, erklärte Jonas Kahl, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht. Bleibt es bei diesem Eindruck, müsse man Urheber vor einer Veröffentlichung nicht fragen. "Durch eine Drohne hingegen entstehen Aufnahmen, die einen vollständig anderen Blickwinkel liefern können als der für die Allgemeinheit wahrnehmbare Straßen- und Landschaftsraum."
Anwalt rät auch bei privaten Fotos in sozialen Netzwerken zu Vorsicht
Urban Pappi aus dem Vorstand der VG Bild-Kunst begrüßte das Urteil, wonach es bei der Panoramafreiheit auf die Perspektive des Publikums im öffentlichen Raum ankommt. Eine Neu-Auflage der Diskussion um die Panoramafreiheit sei nicht zu befürchten.
Deutschland habe eine der am weitestgehenden Regelungen zur Panoramafreiheit in der Europäischen Union, teilte er mit. "Zum anderen dürfen Privatpersonen ihre Fotos - egal aus welcher Perspektive - auf Social-Media-Plattformen hochladen, ohne fürchten zu müssen, wegen einer Verletzung von Urheberrechten in Anspruch genommen zu werden." Denn Plattformbetreiber hafteten für die Inhalte, die private User hochladen.
Aus Sicht von Rechtsanwalt Kahl lässt sich das so pauschal aber nicht sagen. Das deutsche Urheberrecht unterscheide nicht per se zwischen kommerzieller und nicht-kommerzieller Nutzung. Die Grenzen des Privaten seien beispielsweise nicht scharf. "Allerdings kann es bei der Höhe eines eventuellen Schadensersatzanspruchs einen Unterschied machen, ob die Nutzung eine kommerzielle war oder sich lediglich auf einen kleinen Instagram-Account beschränkt hat." Der Buchverlag wollte sich nicht zu dem BGH-Urteil äußern.