Documenta-Kollektive

Es wird voll

"Art to the limit". Workshop mit dem Theoretiker Brian Holmes und der Künstlerin Claire Pentecost, Havanna, 2017
Foto: INSTAR

"Art to the limit". Workshop des Instituto de Artivismo Hannah Arendt (INSTAR) mit dem Theoretiker Brian Holmes und der Künstlerin Claire Pentecost, Havanna, 2017. INSTAR ist nun Teil des kuratorischen Netzwerks der Documenta 15

Lang leben die Kollektive: Die Documenta 15 dürfte so viele Kuratorinnen und Kuratoren versammeln wie keine Ausgabe zuvor. Einige unken jetzt schon, dass ihre Zahl die der Kunstwerke übertreffen wird

Die Documenta 14 (D14) erntete teils vernichtende Kritik, endete in einem politischen Eklat, hinterließ ein Millionen-Defizit und wurde von nicht wenigen als ganzheitliches Desaster abgestempelt. "Schafft die Kuratoren ab!", so war eine Polemik in der "Zeit" überschrieben, die noch während der Laufzeit der von Adam Szymczyk verantworteten D14 erschien. Dass die Documenta dieser Forderung zustimmen würde, war nie sehr wahrscheinlich, dass sie ins Gegenteil verkehrt wird, aber noch weniger plausibel. Genau so scheint es jetzt aber zu kommen. Die D15 dürfte so viele Kuratorinnen und Kuratoren versammeln wie keine Ausgabe zuvor.

Da ist als offizielle künstlerische Leitung der Documenta 15 zunächst das indonesische Kollektiv Ruangrupa, zu dessen Kern zehn Mitglieder zählen. Ruangrupa wiederum berief zuerst ein fünfköpfiges "Artistic Team" und lädt nun fortlaufend weitere Organisationen aus aller Welt ein, "Lumbung" zu  praktizieren und damit am zentralen Konzept der kommenden Weltkunstschau teilzuhaben: dem Einbringen und Teilen von Ressourcen wie Zeit, Raum, Geld, Wissen, Fürsorge oder auch Kunst. Bislang gab es neun "Lumbung"-Mitgliedsgruppierungen, jetzt wurden fünf weitere Kollektive benannt: Britto Arts Trust (Dhaka, Bangladesch), FAFSWAG (Auckland, Aotearoa), Instituto de Artivismo Hannah Arendt (Havanna, Kuba), Project Art Works (Hastings, Vereinigtes Königreich) und das Wajukuu Art Project (Nairobi, Kenia).

Einige unken jetzt schon, bei der kommenden Documenta könnte die Zahl der Kuratorinnen und Kuratoren die der Besucherinnen und Besucher, in jedem Fall aber die der Kunstwerke übertreffen. Aber zum einen sollte man mit vorschnellen Schlüssen in Bezug auf die Documenta vorsichtig sein – fast immer erwiesen sich die Ideen der Weltkunstschau im Nachhinein als richtungsweisend. Zum anderen schließt das große "Lumbung"-Happening ja möglicherweise an Überlegungen an, die Joseph Beuys vor einem halben Jahrhundert mit seinem "Büro für direkte Demokratie" und seiner "Free International University" in Kassel andachte. Jeder Mensch ein Künstler oder eine Künstlerin, jeder ein Kurator oder eine Kuratorin, warum eigentlich nicht.