Norman Foster wird 80

Die Welt ist nicht genug

Norman Foster gilt als einer der größten Baumeister unserer Zeit. Kritiker halten das Werk des Architekten für überschätzt. Er selbst orientiert sich an großen Zielen. Jetzt will er auf dem Mond bauen.

Wenn Stadtkämmerer den Namen Norman Foster hören, werden sie unruhig. Der Stararchitekt aus London ist für seine Gegner einer der bekanntesten Geldverschwender der Welt. Wo Norman Foster baut, wird es teuer. Foster ist bekannt dafür, dass die Baukosten seiner Projekte oft um Millionen oberhalb dessen liegen, was anfangs veranschlagt wurde. Fosters Popularität tut das keinen Abbruch. Der Visionär wird an diesem Montag 80 Jahre alt und gilt weltweit als der wohl berühmteste Baumeister unserer Zeit.

Wenn Foster ans Werk geht, geht es um die großen Dinge - und meistens um viel Glas und Stahl. In Frankfurt hat er der Commerzbank das höchste Gebäude Deutschlands hingestellt. In Berlin hat er sich mit der gläsernen Reichstagskuppel verewigt, in Peking mit dem Flughafen. In London ist die Hochhaus-Ikone «Gherkin» untrennbar mit dem Namen Fosters verbunden - auch wenn er bei dem häufig als Phallussymbol getadelten Wolkenkratzer nur einer von mehreren im Team der Baumeister war. Für einen neuen Londoner Mega-Flughafen hat Foster einen Entwurf vorgelegt, der schlappe 100 Milliarden Pfund kosten würde.

Viele Experten halten Foster für maßlos überschätzt, den Star-Kult um seine Person für deutlich übertrieben. Auf einer Liste der am meisten überschätzten Architekten landet der Brite immerhin auf Platz fünf - hinter großen Namen wie Zaha Hadid und Daniel Libeskind. Fosters Millenium Bridge, eine Fußgängerbrücke über die Themse, wurde erst nicht rechtzeitig fertig, dann war sie um zwei Millionen Pfund zu teuer.

Wenige Tage nach der Eröffnung musste das als «Wackelbrücke» verspottete Bauwerk eineinhalb Jahre lang geschlossen werden, weil sich die Architekten verrechnet hatten und die Brücke viel zu stark schwankte. Für die Reparatur waren weitere acht Millionen Pfund fällig. Schon 2008 schrieb der britische Architekturhistoriker David Watkin: «Fosters Architektur ist überbewertet, weil ihr der Klang fehlt und sie keine Seele hat.»

Der Nord-Londoner Flughafen Stansted sei nur deshalb ein Erfolg, schrieb Watkin weiter, weil die Glasfronten den Reisenden den Blick auf die Teile der Landschaft von Essex ermöglichten, die Foster nicht verschandelt habe. Solche Art von Kritik ist Foster gewohnt. Sie perlt an ihm ab. Zu viel Ruhm hat er längst geerntet, zu viel Ehre ist ihm zuteilgeworden. 1990 erhielt das Arbeiterkind aus der Gegend von Manchester den Ritterschlag, seit 1997 sitzt er lebenslang als «Baron Foster vom Themse-Ufer» im britischen Oberhaus - und das, obwohl er mit Thronfolger Prinz Charles im Dauerclinch über die Frage liegt, ob man in London modern oder klassisch bauen sollte.

Mit Preisen wurde Foster überhäuft. Er ist der einzige britische Architekt, der den Stirling-Preis zweimal gewann. 2007 wurde ihm der Aga Khan Award für Architektur überreicht, der höchstdotierte Architektenpreis der Welt. Auch mit 80 Jahren ist der in dritter Ehe verheiratete Vater von fünf Kindern extrem beschäftigt, er hat Wohnsitze in Großbritannien, der Schweiz und Frankreich, einen Privatjet und einen Hubschrauber.

Und selbst die Welt ist ihm nicht genug. Auf dem Mond erforscht Foster in einem Projekt, wie man menschliches Wohnen dort ermöglichen könnte. Gemeinsam mit der Europäischen Raumfahrtbehörde versucht er Möglichkeiten zu finden, Gebäude zu entwickeln, die Menschen wirksam vor extremen Temperaturschwankungen, Strahlen und Meteoriteneinschlägen schützt. Die Entwürfe für das Heim eines Vier-Personen-Haushalts stehen schon.