Kunst-Film "Die Akademie"

Intrigen und Mobbing, bis sich die Leinwände biegen

Camilla Guttner hat Malerei studiert, bevor sie Filmemacherin wurde. Nun fließen ihre Erfahrungen in die Kunsthochschul-Satire "Die Akademie" ein. In der Kritik an einem gnadenlosen Ausbildungssystem könnte das Werk ruhig bissiger sein 

Kunstakademien sind ein Hort der Freiheit? In der Münchner Version muss die Studentenschaft egomanische Tiraden statt Wissensvermittlung ertragen, persönliche Angriffe abwehren und an einem gänzlich subjektiven Bewertungssystem verzweifeln.  

Der 1992 geborenen Regisseurin Camilla Guttner ist das Terrain einer Kunsthochschule nicht unbekannt. Sie hat erst an der Akademie in München bei Sean Scully Malerei studiert und schloss danach ein Regiestudium an der dortigen Hochschule für Fernsehen und Film an. Das lässt nicht darauf schließen, dass sie die erste Ausbildung beflügelt hat. Man merkt es auch ihrer unentschiedenen Satire an, die durchaus bissiger hätte ausfallen können. Stattdessen spürt man die nostalgische Sehnsucht nach der vergangenen Jugend zwischen Club- und Konzertbesuchen, neuen Freundschaften und der intensiven Suche nach dem eigenen Standpunkt. 

Auffällig an dem studentischen Personal ist, dass es keinen Wert auf einen befruchtenden inhaltlichen Dialog legt. Man bildet Fronten, tauscht sich über anstehende Events aus und kommentiert die Entgleisungen der ausschließlich männlichen Professoren. Konkurrenz und Missgunst dominieren die Beziehungen, es wird intrigiert und gemobbt, bis sich die Leinwände biegen. 

Unterricht als psychisch belastender Spießrutenlauf

Die Lehrenden sind da keine Hilfe, denn als Subversive vom Dienst gießen sie noch Öl ins Feuer und machen den Unterricht zu einem psychisch belastenden Spießrutenlauf. Damit keine depressive Stimmung aufkommt, lässt die Regisseurin zur Belustigung der Fraktion "Ist das Kunst, oder kann das weg" allerlei schräge Typen durch das Münchner Lehrgebäude laufen, die etwa genauso unterhaltsam sind wie die exzentrischen Kommilitonen von Gerhard Richter in Florian Henckel von Donnersmarcks unsäglichem Film "Werk ohne Autor".

Guttner, die auch das autobiografisch gefärbte Drehbuch geschrieben hat, schildert den Verlust von Illusionen am Beispiel von Jojo, die in der Meisterklasse des weltbekannten Professors Robert Copley aufgenommen wurde. Gespielt wird der auf den ersten Blick sanfte Vieldenker, der bei seinen Bildanalysen nicht mit kitschigen Lebensweisheiten geizt, von Jean-Marc Barr. Andreas Lust mimt, was er am besten kann: als pöbelnder, sexistischer und misanthropischer Skandalprofessor glänzt er mal wieder im Rollenfach des übergriffigen Kotzbrockens, der regelmäßige Protestdemos gegen sich provoziert.          

Verständnis dafür, dass Jojos Bilder über Nacht verschwunden sind, hat keiner der beiden. Allmählich dämmert es ihr, dass ihre Probezeit hart erkämpft werden muss, zumal bereits Gewinn witternde Galeristen und meinungsfreudige Sammler die AkademieAteliers heimsuchen. 

Dasselbe in Grün

Jojo verbündet sich mit der wenig talentierten Siri, die sich als rücksichtslose Rivalin entpuppt, als ihre installativen Imitationen von Yves Klein in der Farbe Grün auf das Interesse eines Großhändlers stoßen. Immer, wenn Selbstzweifel und das Private in den Vordergrund rücken, stimmt trotz einer konventionellen Fernsehfilm-Ästhetik die intime Atmosphäre. Und Maja Bons kann sich als melancholische Einzelkämpferin Jojo nach all den bitteren Lehrstunden zumindest des Mitgefühls des Publikums sicher sein.

Weniger überzeugend gerät in dem zunehmend zum High-School-Drama und Künstlerinnen-Porträt tendierenden Film die Abrechnung mit dem Kunstbetrieb, die über wenige scharfsinnige Beobachtungen und viele karikaturhafte Skizzen nicht hinauskommt. Damit wird aber der "Akademie" der Wind aus den Segeln genommen. Denn über das fragile Zusammenspiel von Kunst, Markttauglichkeit und persönlicher Identität versucht er erst gar nicht, etwas Substantielles zu sagen. Der Verlust von Idealen und der jugendlichen Naivität, der sich zum Schluss auf dem Gesicht von Jojo zeigt, ist deshalb vielleicht sein größter Triumph.