Dass ein paar Regeln in Journalismus und Diplomatie nicht mehr gelten, seit Donald Trump US-Präsident ist, daran hat man sich gewöhnt. Große Tageszeitungen verlieren die Contenance, wenn sie über ihn berichten, seine Kollegen, unlängst Ex-Außenminister Sigmar Gabriel, mahnen, man solle dem Präsidenten nicht alles durchgehen lassen. Das bringt ihn in Rage, hat aber keine weiteren Konsequenzen.
Nun kommt Trump zum Nato-Gipfel nach Europa, und zum ersten Mal überhaupt nach Großbritannien. Dort fand er sein aufblasbares Abbild als sechs Meter hohen Ballon: Mit blonder Tolle und Smartphone, nackt bis auf eine Windel, so hat Leo Murray, Absolvent der Royal Academy of Arts und Aktivist, den Präsidenten dargestellt.
Murray wurde einst festgenommen, weil er sich an den Westminster Palace gekettet hat, um gegen die Erweiterung des Flughafens Heathrow zu protestieren. Jetzt hat er 17.000 Pfund in einer Crowdfunding-Kampagne mit über 1000 Unterstützern gesammelt, damit das Trump-Baby über der Stadt fliegen kann. Damit will er die Premierministerin Theresa May dafür kritisieren, dass sie Trump überhaupt empfängt. Vorletzte Woche erlaubte der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan jedenfalls, dass das aufblasbares Abbild jetzt über der Hauptstadt fliegen darf — während der Präsident zu Besuch ist.
Im vergangenen Sommer hat sich der Präsident mit dem Bürgermeister Sadiq Khan bei Twitter angelegt — er warf ihm mangelnde Strenge im Umgang mit Terroristen vor. Klar, wird man sagen, der Bürgermeister leistet sich hier eine Retourkutsche. Die Aktion ist aber auch ein Ausdruck der Hilflosigkeit: Wenn alle Kritik an dem Präsidenten abprallt, wählt man eben die unsubtilste Form der Kritik. Während sich der Präsident auf ein Treffen mit der Queen vorbereitete, startete der Ballon. Immerhin, die Botschaft scheint angekommen. Trump sagte, er fühle sich nicht willkommen, und: "Ich werde die Hauptstadt so weit es geht meiden."