Der Künstler Marcel van Eeden regt als aktueller Hans-Thoma-Kunstpreisträger eine Debatte zur völkisch-nationalen Gesinnung des Namenspatrons dieser Auszeichnung an. Muss sie umbenannt werden?
Der Hans-Thoma-Preis wird seit 1950 vergeben und kann auf eine beachtliche Historie zurückblicken. Mehr als 40 Kunstschaffende – von Karin Sander bis zu Tobias Rehberger, von Silvia Bächli bis zu Thomas Ruff – haben den Staatspreis des Landes Baden-Württemberg in den vergangenen Jahrzehnten erhalten, der neben einem Preisgeld von aktuell 25000 Euro mit einer Ausstellung im Hans-Thoma-Kunstmuseum in Bernau im Schwarzwald verbunden ist. Am vergangenen Wochenende eröffnete dort die Schau des aktuellen Preisträgers Marcel van Eeden, die sich erstmals mit der völkisch-nationalen Gesinnung Hans Thomas (1839-1924) auseinandersetzt – und die einen Wendepunkt in der Geschichte des Preises einleiten dürfte.
Der in Den Haag geborene Maler, Zeichner und Fotograf van Eeden, der seit vielen Jahren auch als Professor und Rektor an der Kunsthochschule Karlsruhe tätig ist, nahm eine Reise Thomas nach Amsterdam zur großen Rembrandt-Ausstellung im Jahr 1898 unter die Lupe. Im Zuge seiner Recherchen stieß van Eeden auf die enge Freundschaft zwischen Thoma und Julius Langbehn, einem nationalistischen Kulturkritiker, Antisemiten und Autor des Buches "Rembrandt als Erzieher". Zitate aus deren Korrespondenz kombiniert van Eeden in seiner Ausstellung mit Gummidrucken der bereisten Orte.
Er habe sich ursprünglich gar nicht mit Thomas politischen Ansichten auseinandersetzen wollen und sei zufällig auf das Thema gestoßen, so van Eeden gegenüber Monopol. "Ich wusste, dass er konservativ war, aber durch diese Recherchen fand ich heraus, dass er sich – opportunistisch oder nicht – mit sehr konservativen Freunden umgab."
Überfällige Diskussion
Denn Thomas Sympathie für die deutschnationale Bewegung beschränkte sich keineswegs auf seine Freundschaft zu Langbehn. Ähnlich eng verbunden war er dem völkisch gesinnten Kulturzirkel um Cosima Wagner, deren Tochter Daniela Bülow und den Schwiegersöhnen Henry Thode und Houston Stewart Chamberlain, mit denen er sich als regelmäßiger Gast in der Villa Wahnfried (dem ehemaligen Wohnhaus Richard Wagners) austauschte.
Ob der Hans-Thoma-Preis künftig umbenannt werden sollte, dazu will sich van Eeden nicht klar festlegen: "Die Ausstellung selbst ist keineswegs eine aktivistische Ausstellung mit einem bestimmten Ziel. Was ich wollte und was sie geworden ist, ist eine Rekonstruktion von Thomas Jahr 1898, die aber auch den (wahrscheinlichen) Hintergrund seines Denkens und den Grund für die Reise in die Niederlande mit einbezieht. Die Ausstellung selbst trifft keine Aussage darüber, ob der Preis umbenannt werden sollte. Ich persönlich bin jedoch der Meinung, dass der nächste Preisträger mit dieser Auszeichnung in eine Zwickmühle geraten wird. Was kann man denn sonst noch tun? Auf jeden Fall musst du etwas dazu sagen, immer und immer wieder."
Immerhin scheint sich auch politisch etwas zu tun. So hat das baden-württembergische Ministerium im vergangenen Jahr die Publikation "Hans Thoma (1839 bis 1924) – Zur Rezeption des badischen Künstlers im Nationalsozialismus und in der Nachkriegszeit" herausgegeben, in der die Historiker Simon Metz und Isabelle Löffler empfehlen, dass im Rahmen von Thoma-Ausstellungen oder der Verleihung des Hans-Thoma-Preises auch die deutschnationalen und antisemitischen Äußerungen thematisiert und zur Diskussion gestellt werden. Dank Marcel van Eedens Ausstellung wird diese überfällige Diskussion endlich angestoßen.