In den kontroversen Diskussionen um den Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche hat die zuständige Stiftung vor übereilten Beschlüssen gewarnt. "Qualität und Fundiertheit der Beschlüsse sind entscheidend, denn was hier entschieden werden kann, ist nicht für die nächsten zehn Jahre von Gültigkeit, sondern muss uns alle um Generationen überdauern", betonte die Stiftung Garnisonkirche anlässlich einer Anhörung vor dem Hauptausschuss der Stadtverordnetenversammlung am Freitag. Es gelte, "der Stadt Bestes" zu suchen und im Dialog zu finden. Die Stiftung stand in der Anhörung, in der Vereine und Initiativen in Stellungnahmen von je fünf Minuten zu Wort kamen, erneut mehrfach in der Kritik.
Der Turm der Garnisonkirche wird derzeit wieder aufgebaut - dagegen wenden sich mehrere Initiativen. Kritiker erinnern an den "Tag von Potsdam": Am 21. März 1933 reichte Reichspräsident Paul von Hindenburg dem neuen Reichskanzler Adolf Hitler vor der Kirche die Hand. Die Stiftung Garnisonkirche betont, sie wolle im Neubau den Geist der Versöhnung und des Friedens pflegen. Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) hatte vorgeschlagen, auf dem Gelände der Kirche nach dem Wiederaufbau des Turms statt eines Kirchenschiffs eine internationale Stätte für Bildung und Demokratie zu errichten.
Die Forderungen: Stopp des Turmbaus bis Grundstücksrückgabe
"Der Oberbürgermeister hat mit seinem Vorschlag eine Diskussion angestoßen, die vielfach mit hektischer Betriebsamkeit aufgenommen wurde und so behandelt wird, als würden grundsätzliche Beschlüsse in den nächsten Tagen fallen müssen", erklärte die Stiftung. "Aber allen im Raum kreisenden Vorschlägen ist gemein, dass es ihnen an Klarheit in finanziellen, strukturellen, organisatorischen Fragestellungen fehlt." Die Ansätze der Vorschläge schlössen sich aber nicht aus.
Im Ausschuss wurden verschiedene Forderungen angehört - vom Stopp des Turmbaus bis zur Grundstücksrückgabe. Der Evangelische Kirchenkreis kann sich einen "historisierenden Wiederaufbau des ehemaligen Kirchenschiffes" nicht vorstellen. Mit Erlöserkirche, Friedenskirche und St. Nikolai gebe es eine ausreichende Zahl von Kirchengebäuden im Zentrum Potsdams, die fußläufig zu erreichen sei, sagte Superintendentin Angelika Zädow.
Die Bürgerinitiative "Mitteschön!" erklärte, die Errichtung eines modernen Baus anstelle eines originalen Kirchenschiffs würde dem Projekt schaden. "Nur der originale Turm und das originale Schiff bilden zusammen eine architektonische, harmonische und das Stadtbild prägende Einheit."
Die Bürgerinitiative für ein Potsdam ohne Garnisonkirche forderte von der Stadt, den Bebauungsplan für die noch freie Fläche zu ändern und eine Rückgabe eines Teils des Grundstücks zu verlangen - "damit die Zukunft der Fläche tatsächlich von zukünftigen Generationen gestaltet werden kann und nicht der Willkür der Stiftung ausgeliefert ist". Die Stadtverordneten sollten zudem den Oberbürgermeister weiter damit beauftragen, die Stiftung unter Druck zu setzen und auf ihre Auflösung hinzuwirken. "Es ist nicht zu spät: Die Stiftung ist allem Anschein nach ziemlich pleite und öffentlich permanent in der Kritik."