KÖLN
Gruppenausstellung "RAW" in der DuMont Kunsthalle
Da ist zum einen das Gebäude: Die gigantische DuMont Kunsthalle am Nieler Hafen war in der 80ern ein zentraler Ort der rheinischen Kunstszene, hier stellten zum Beispiel Marina Abramovic oder Nam June Paik aus. Seit über 30 Jahren wird die Halle aber nicht mehr bespielt und verfällt langsam. Lena Ipsen, die normalerweise für den Estate of Martin Kippenberger der Galerie Gisela Capitain arbeitet, hat hier jetzt eine Gruppenschau mit jungen Düsseldorfer und Kölner Künstlerinnen und Künstler kuriert, mit Peppi Bottrop, Anne Haack, Tobias Hoffknecht, Sarah Kürten, David Ostrowski, Michail Pirgelis, Sami Schlichting und Jasmin Werner. Gezeigt werden deren Arbeiten (viel Malerei) an, auf und in Schiffscontainern. Ein großartiger Effekt: In den Bauch eines dieser Containers gehen und da im Dunkeln allein mit der Arbeit sein.
Die neuen Räume der Galerie Drei
Die Galerie Drei ist in die Jülicher Strasse 14 gezogen, einst bespielt von der Galerie BQ, die seit langem in Berlin sitzt. Passenderweise heißt die erste Ausstellung "Haus", aber die Arbeiten von Horst Ademeit, Rosa Aiello, Henri Chopin, Whitney Claflin, Cédric Eisenring, Tobias Madison, Sam Pulitzer und Julia Scher zeigen eher das Unheimliche als das Heimelige der häusliche Sphäre. Hier wuchern Obsessionen und lauert die kalte Isolation.
Gabi Dziuba "Alley Oop" bei Kaune Contemporary/Nagel Draxler
In einer ehemaligen Kapelle breitet die Schmuckdesignerin Gabi Dziuba ihren Kosmos aus: Anhänger in Form von Streichhölzern, Schwertern, Nieren, aus Baumarktmaterialien und Gold und Silber; Schmuck-Kollaborationen mit Künstlern wie Andy Hope 1930, Dirk Bell, Monika Baer und Heimo Zobernig; Kerzenständer von weiteren Künstlern, die als Edition von Dziuba und dem Wiener Museum Moderner Kunst herausgegeben wurden; schließlich Malerei und Zeichnungen aus der Sammlung der Designerin, häufig mit direkten Bezug zu ihr. Günther Förgs Bild "Gabi" von 1982 etwa, kraftvoll und direkt wie eine Flagge.
Alexandra Hopf und Regine Steenbock in der Galerie M29 – Richter
Wie Mode zum Bild wird, darum geht es auch bei Alexandra Hopf. Sie zeigt Variationen eines "Spacetime suits for Giacometti": Overalls nach Entwürfen des futuristischen Designers Thayaht von 1920 aus eigener Malerei geschneidert und mit Bezug zu einem surrealistischen Prosastück von Alberto Giacometti. Beziehungsreiches Gewebe auch in den fotografischen und filmischen Arbeiten von Regine Steenbock, die in China Kleidungen zwischen Tradition und Hyperkapitalismus findet. Zur Ausstellung erscheint die erste und einzige Ausgabe der lehrreichen Modezeitschrift "Voque". Kaufen!
Lutz Bacher “Firearms”, Galerie Buchholz
Es vergeht kaum ein Monat mehr, in dem nicht von einem Amoklauf oder Terrorakt mit Schusswaffen in den USA gemeldet wird, gefolgt von einer Diskussion um die Einschränkung des Waffenrechts. Wenn man die Ausstellung der US-Künstlerin Lutz Bacher in Köln sieht, muss man daran denken: Die Serie "Firearms" besteht aus 58 Pigmentdrucken, die Modelle von Feuerwaffen zeigen. Die Bilder und Beschreibungen aus einem Buch sind nüchtern verfasst, ja, die Schönheit und Effizienz der Technik vermittelt sich durchaus. Die ästhetisierende Darstellung des Buches löst sich von moralischen und politischen Fragen, die nun, durch die Kunstwerdung, wieder ins Spiel kommen und umso härter treffen. Lutz Bacher stellte das Konzept zu "Firearms" einen Tag vor ihren tödlichen Herzinfarkt im Mai fertig. Jetzt wirkt die Arbeit wie ein Vermächtnis.
Düsseldorf
Marcel Dzama "Be good little Beuys and Dada might buy you a Bauhaus" bei Sies & Höke
Was für ein Reichtum an Ideen, welche überbordende Fantasie! Eigentlich dachte man, man würde das Dzama-versum lange kennen (es ist die achte Ausstellung in der Galerie), und doch haut es einen sofort wieder um. Allein die Gouache "Bam, bam bam, bam, bam, or thank you for your Thoughts and Prayers" im ersten Raum, ein Bild, das aussieht wie eine Illustration zu einem düsteren Traum, aber doch ganz eindeutig die Waffengewalt in den USA zum Inhalt hat. Klimawandel, Trump, Notre-Dame-Brand, Drogenhandel – all das ist in den doch so märchenhaften Zeichnungen und Keramiken zu entdecken. In was für surrealen Zeiten leben wir eigentlich?
Tim Freiwald "Double Hard Drive" in der Galerie Conrads
"Freiwald ist ein dekonstruktivistischer Farbmaler", heißt es lapidar im Pressetext, doch die Malerei des Thomas-Scheibitz-Schülers sind ziemlich komplex: vielschichtige, teilweise "zerstörte" Bildträger, zerbrechlich und doch voller Energie, gemalt mit so vielfältigen Materialien wie Kreide, Pigment, Bindemittel, Lack und Wachs. Hier kann man lange schauen.
Edith Dekyndt bei Konrad Fischer
Dass es hier gar keine Infos gibt zur Ausstellung, verstärkt die Irritation. Die belgische Künstlerin arbeitet mit Kühlschränken, Tiefkühltruhen, Markisen, kitzelt aus Konsumgegenständen den Appeal der Minimal Art und den Horror des Alltäglichen heraus. Es sind kleine Gesten mit großem Effekt: ein Faltenwurf, ein offenbar durch Vergrabung in der Erde geriffeltes Textil, ein Eisblock und ein Teppich aus Scherben – Sensationen. Fast eine museumsreife Ausstellung.
Jugoslav Mitevski "verstimmt" in der Petra Rinck Galerie
Noch ein (de-)konstruktivistisch arbeitender Künstler auf dieser an abstrakter Malerei und Minimal Art reichen DC-Open-Ausgabe: Jugoslav Mitevski baut aus Styroporverpackungen Vorlagen für Skulpturen, die er dann in Beton gießt und durch Verschraubungen zusammenhält. Das Urspungsmaterial Styropor ist immer noch in den fertigen Arbeiten erkennbar und verweist auf eine Kultur des Wegkonsumierens und Wegschmeißens, die dem potentiellen Ewigkeitsanspruch eines Kunstwerks entgegensteht.
Keltie Ferris "U_N_D_E_R_S_C_O_R_E" bei Kadel Willborn
"Als Maler ist es das Schönste, wenn die Menschen in deinen Bildern etwas anderes sehen als das, was du beabsichtigt hat", sagte die US-Malerin Keltie Ferris vergangenen November im Monopol-Porträt. Jetzt zeigt sie neue Malerei und Zeichnungen. Die Bilder sind gesprayt, gemalt, verwischt, die Bildträger collagiert, einige zeigen den Abdruck ihres Körper und schlagen damit eine Brücke zur Performance- und Body-Art. Jede und jeder ist eingeladen, darin etwas anderes zu sehen.