Wie entsteht Bernstein? Besteht Katzengold aus reinem Gold? Wie bewegt sich eine Nautilus-Muschel fort? Wie kommt der Amethyst zu seiner violetten Farbe? Was ist ein Fossil und wie kommt das vermeintliche Meeresrauschen in die Muschel?
Die Antworten auf diese Fragen und die dazugehörigen, meist seltenen Objekte sind nun nicht mehr nur in der seit 2010 eröffneten Wunderkammer des Kunstsammlers und Arztes Thomas Olbricht im Berliner me Collectors Room zu finden, sondern seit Mai auch auf den Gewässern Berlin-Brandenburgs.
Leicht schwankt es hin und her. Das Wunderkammerschiff, ein Projekt der Stiftung Olbricht in Kooperation mit der Helga Breuninger Stiftung, legt in Brandenburg an der Havel an. Wider Erwarten schallt kein lautes Getöse aus der Kajüte. Die Zweitklässler, die an einem der drei Workshops an diesem Montagvormittag teilnehmen, hören den drei 13- und 14-jährigen Mädchen aufmerksam zu. Seltene Steine in die Hand nehmen, Muscheln ans Ohr halten, Tierpräparate aus fernen Ländern betrachten zu dürfen – das Wunderkammerschiff macht es möglich.
Das Projekt besteht aus 90-minütigen Workshops, die sich an Grundschulklassen aus Berlin und dem Umland (1.-6. Klasse) richten. Diese werden nicht etwa von erwachsenen Pädagogen geleitet, sondern von Berliner Acht- und Neuntklässlern, die den oftmals halb so alten Kindern die Welt der Natur, Kunst und Wissenschaft spielerisch, kreativ und experimentell näherbringen.
Wie schon im 16. und 17. Jahrhundert, in denen Sammlungen kurioser und exotischer Raritäten entstanden, versetzen diese Dinge auch noch heute ihre Betrachter in Staunen. Und auch noch heute haben die mittlerweile nur noch vereinzelten Wunderkammern das Ziel, eine universale Weltanschauung längst vergangener Zeiten zu vermitteln.
Neben vier Exponaten aus dem Berliner Bode-Museum stammt der Großteil der Objekte aus der Wunderkammer Olbricht. Ein vor 4.000 Jahren in Argentinien gefundener Meteorit bildet mit der aufwendig verzierten Schatulle, bestehend aus dem Pflanzensamen einer Seychellennuss, sicher ein Highlight. Zudem birgt das Sammelsurium verschiedene (Edel-)Steine und Muscheln, ausgestopfte und konservierte Tiere und wertvolle Schnitzereien.
Die liebevoll und authentisch entworfene Kajüte der MS John Franklin, gestaltet von Studierenden der FH Potsdam mit dem Fachbereich Innenraum- und Ausstellungsdesign, gibt den jungen Schiffspassagieren Einblick in vergangene Zeiten und lässt sie zu Entdeckern und auch selbst zu Sammlern werden. Denn am Schluss des Workshops bekommt jedes Kind eine "Wunderkammer für die Hosentasche" geschenkt – eine weiße, selbst zu gestaltende Streichholzschachtel, die Platz für die ersten eigenen Schätze gibt.