Kölnischer Kunstverein

Das Institut schlägt zurück

„Nichts, nichts! Und zehn Jahre Arbeit!“, gibt der Maler Frenhofer in Honoré de Balzacs Erzählung „Das unbekannte Meisterwerk“ (1831) resigniert zu Protokoll. Vorausgegangen ist diesem Frustausbruch die Demontage durch seine Künstlerkollegen, die das besagte Meisterwerk als unförmige, fleischige Masse beschimpfen. Grund genug für Kerstin Brätsch noch einen drauf zu setzen und im Titel ihrer Ausstellung im Kölnischen Kunstverein das vernichtende Urteil gleich selbst vorwegzunehmen, wenn auch in Klammern.

Die Schau „Kerstin Brätsch & Das Institut, („Nichts, Nichts!“)“ hat definitiv nichts übrig für eine Malerei, die sich in ihren vermeintlichen Grenzen vergräbt. Brätsch, die mit ihren subversiven Arbeiten bei der diesjährigen Biennale in Venedig vertreten sein wird, kennt den Ausweg und erklärt das Genre zum multifunktionalen Material. Anstatt ihre neongrellen Schlauch- und Kabelbilder in Holzrahmen einzuzwängen, reichen ihr ordinäre Magnete, um die auf Papier aufgetragenen, abstrakten Ölkompositionen auf Glasscheiben zu heften. Die hängen nicht etwa, sondern lehnen scheinbar provisorisch als Großinstallation an Wänden und Fensterfronten. Auch auf Polyesterfolien und Stofffetzen lässt sich ein malerisches Statement unterbringen und das Ergebnis wie Wäsche auf einer Holzleiste zum Trocknen legen.

In der Welt der in New York lebenden 31-jährigen Deutschen verbirgt sich der inhaltliche rote Faden jenseits eines auratischen Kunstbegriffs. Seit 2007 setzt sie auf Kollaboration. Gemeinsam mit Adele Röder hat sie Das Institut ins Leben gerufen, eine „Import- und Exportagentur“, die sich der dubiosen Begriffsassoziation bedient, um in ihrem eigenen Schaffen einen möglichst großen Freiraum zu postulieren. Ohnehin gehört für sie im Kunstbetrieb das Ein-Mann-Künstler-Modell abgeschafft. Deshalb kommt es für sie auch nicht in Frage, das in ihren Augen überkommene Modell als Frau zu imitieren. Viel lieber parodiert sie die Repräsentationsmuster, mit denen ihre männlichen Kollegen ihre Selbstvermarktung vorantreiben. Das Institut spielt dabei eine zentrale Rolle, denn über die Plattform wickeln die „Geschäftsfrauen“ ihr Marketing ab.

Zu der Produktpalette gehört als Werbeposterersatz etwa die Modekollektion Schröderline, bestehend aus gestrickten und mit Gemäldeausschnitten und Namensemblemen verzierten Hosenanzügen, die den Treppengang und das Untergeschoss in Beschlag genommen hat. Einen doppelbödigen Humor birgt auch die Diaprojektion „Viola“. In einem weißen Tunnel, der an einen Laufsteg erinnert, inszenieren sich Brätsch und Röder in der Rolle der genialen Künstlerin. Das auf dem eigenen Körper als Leinwandersatz ausgetragene Spiel mit Identitäten trifft auf das statische Porträtvokabular Alter Meister. Vor schwarzem Hintergrund arrangiert, strahlen ihre Umrisse einen heiligen Glanz aus, dem die sinnfreie Verwendung von Requisiten wie Bananen, Baguettes oder Würstchen in die Quere kommt. Vielleicht liegt es aber auch an dem goldenen Totenkopf am Bildrand, dass sich seltsam rituelle Schattenbemalungen auf den Gesichtern breit machen. Das Make-up entpuppt sich indes als Schleichwerbung, das Repertoire an Gesten und Blicken als kalkulierte Strategie. Verzauberung gehört nun mal nicht zum Programm des Instituts. Kritische Befragungen der eigenen Profession durchaus.


Kölnischer Kunstverein, bis 20. März. Im Heft 2/2010 widmete Monopol Kerstin Brätsch & Das Institut eine großes Porträt