Wer 2019 auf der Venedig-Biennale war, wird sich an ihn erinnern: den wild herumzappelnden "L'Ange du foyer" von Cyprien Gaillard, ein buntes Hologramm auf einem Ventilator, das in der Hauptausstellung in den Giardini trotz seiner eher geringen physischen Größe einen ganzen Saal füllte und Besucherinnen und Besucher in seinen Bann zog. Die Kreatur irgendwo zwischen Drache und Dämon in farbigen Lumpen basiert auf einer Schöpfung des Surrealisten Max Ernst, der 1937 unter dem Eindruck des Faschismus seinen "Hausengel" malte. Ernst nannte seine Figur "eine Art Trampeltier, das alles, was ihm in den Weg kommt, zerstört und vernichtet".
Als Verkünder eines dunklen Omens lässt sich auch Gaillards animierte Version der Ernst-Gemälde interpretieren. In Berlin ist das Werk nun gleich zweimal zu sehen. Noch bis zum 30. Januar ist der Hausengel Teil der Ausstellung "A Fire In My Belly" in der Julia Stoschek Collection, und seit Kurzem ist eine weitere Ausführung des Werks in der Rotunde der Sammlung Scharf Gerstenberg ausgestellt. Damit befindet er sich in räumlicher und inhaltlicher Nähe zu seinem "geistigen Vater", denn in dem Staatlichen Museum mit Exponaten von der Romantik bis zum Surrealismus sind mehrere Werke von Max Ernst ausgestellt.
Gaillard bringt den "Hausengel" in seinem Werk in eine dritte Dimension. Das projizierte Wesen scheint sich selbst zu verschlingen, nur um sich in einer Endlosschleife immer wieder selbst zu gebären. Anders als bei einem Gemälde kann man das Hologramm außerdem nur aus einem bestimmten Blickwinkel sehen. Man muss dem "Trampeltier" direkt gegenüberstehen, um es zu erkennen.