Porträtserie "Photographers" von Birgit Kleber

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Birgit Kleber porträtiert seit Jahren bekannte Fotografinnen und Fotografen in formal strenger Schwarz-Weiß-Ästhetik. Ihr geht es um einen verbindenden Moment mit denen, die sonst hinter der Kamera stehen

Der Fotograf Oliviero Toscani hat einen konzentrierten Blick aufgesetzt, der eine gewisse Strenge vermittelt. Die Künstlerin Shirin Neshat hat ein leichtes Lächeln auf den Lippen. Cindy Sherman schaut vielleicht etwas schüchtern. In ihren Augen erkennt man bei genauem Hinschauen den gespiegelten Umriss von Fenstern - und sogar die Fotografin Birgit Kleber, die in diesem Moment vor ihr auf den Auflöser drückt.

Das Porträt sei die stärkste Form der Fotografie, erzählt die Berlinerin Kleber im Gespräch. Ein Porträt offenbare nicht nur die einzelnen visuellen Gesichtsmerkmale, kleine Linien und Fältchen eines Menschen, sondern sei durchaus auch ein Ausdruck der individuellen Persönlichkeit und des Charakters, die es in einem flüchtigen Moment einzufangen gilt.

Dieser Kunstform widmet sich Birgit Kleber seit rund 30 Jahren - und hat sich dafür besondere Modelle gesucht. Für ihr Langzeitprojekt "Photographers", das gerade als Bildband erschienen ist, trifft sie international bekannte Fotografinnen und Fotografen und hält die Menschen fest, die sonst eher hinter der Kamera stehen. Bei der Ausführung verzichtet sie ganz bewusst auf Farbe und charakterisierende Details. Großer Ohrschmuck oder auffällige Reißverschlüsse wie bei der Künstlerin Nan Goldin werden zwar von den Rezipienten wahrgenommen, jedoch ergänzen sie viel mehr den Raum, als dass sie ihn bestimmen. 

Der eigentümliche "Match-Moment"

Die Idee des Projektes stammt noch aus der Zeit, als Kleber für die Berliner Zeitung "Tagesspiegel" als Fotografin tätig war. In diesem Kontext entstand auch das erste Schwarz-Weiß-Porträt von Nan Goldin (1992). Ein Bild, bei dem nicht nur die US-Künstlerin von Birgit Kleber angeschaut wird, sondern auch beim Betrachter der Eindruck entsteht, die Fotografierte blicke zurück, tief in die Augen.

"Ein Porträt wirkt oft sehr flach und hat kaum eine Räumlichkeit, weil das Foto furchtbar überschärft, ist", sagt Birgit Kleber. Und genau dem möchte die Fotografin mit ihrer Arbeitsweise entgegenwirken. Typisch für ihre Bilder sind die angespannte Körperhaltung der Porträtierten und eine Unschärfe, die ab dem Haaransatz und dem Hals einsetzt und die angesprochene Räumlichkeit erzeugt.

Die Modelle nehmen sitzend eine stark vorgebeugte Haltung vor der Kamera ein und schauen direkt zu Birgit Kleber ins Objektiv, die unmittelbar vor ihnen hockt. Hier müssen die Porträtierten loslassen, ihre gewohnte Rolle abgeben. Im Idealfall entsteht dann ein eigentümlicher "Match-Moment" zwischen den berühmten Fotografen, die porträtiert werden, und der Fotografin Kleber.

Fünf Aufnahmen - das war's

Sie benutzt dafür nur ihre digitale Kamera, bei der das Display abgeklebt ist, Tageslicht und ihr Gespür. "Ich mache lediglich zwei Aufnahmen zum Aufwärmen, zwei Aufnahmen, wo ich denke, die sind es, und eins einfach zur Sicherheit – das war‘s", sagt Birgit Kleber.

Und mit welchen Gefühlen fotografiert man Kolleginnen und Kollegen, die selbst für ihre Bilder bekannt sind und die "doch alles wissen", wie Birgit Kleber es ausdrückt? Ein wenig Aufregung sei schon dabei, sagt sie. Doch sobald die Fotografin durch den Sucher schaut und diese eigentümliche Verbindung entsteht, geht es nicht mehr um die Profession, sondern um Blicke, die sich begegnen.