"Wenn Bildungsbürger an unseren Stand kommen und völlig selbstverständlich krude antisemitische Verschwörungstheorien äußern, dann muss das uns alle alarmieren", sagte die pädagogische Leiterin der Bildungsstätte, Julia Alfandari, laut Mitteilung.
Umso wichtiger sei es, dass es auf der Documenta jetzt einzelne Angebote der politischen Bildung gebe und Personen, die solchen Äußerungen widersprächen. Die Ausstellung sei in Hinblick auf Antisemitismus leider ein Spiegel der Gesellschaft. "Trotz der wochenlangen Debatte stellen wir fest, dass auch im Documenta-Publikum sehr wenig Wissen über Antisemitismus besteht und es an der Kompetenz mangelt, Antisemitismus überhaupt zu erkennen."
Die Aufklärungs- und Vermittlungsarbeit müsse dringend fortgesetzt werden – auch nach der Documenta, betonte Alfandari. "Wir erleben am Stand ein aus unterschiedlichen Gründen aufgebrachtes, empörtes und stark emotionalisiertes Publikum", schilderte sie. Es werde die Aufgabe von Schulen und den Einrichtungen der politischen Bildung sein, diese aufgeheizte Stimmung aufzufangen und die diversen, teils komplexen Spannungsfelder in Bildungsangeboten zu vermitteln und produktiv zu bearbeiten.
Infostand auch nach Rückzug des Leiters
Bereits ein halbes Jahr vor dem Beginn der Documenta waren Antisemitismus-Vorwürfe gegen das indonesische Kuratorenkollektiv Ruangrupa laut geworden. Kurz nach der Eröffnung der Ausstellung war ein Banner mit judenfeindlichen Motiven entdeckt und abgebaut worden. Später tauchten weitere Werke auf, die für eine Welle der Empörung sorgten.
Der Leiter der Bildungsstätte Anne Frank, Meron Mendel, hatte sich nach dem ersten Fund antisemitischer Bildsprache zunächst als externer Berater der Documenta engagiert, sich wegen der schleppenden Aufarbeitung des Eklats später aber zurückgezogen. An ihrem Angebot eines Infostandes auf der Documenta hielt die Bildungsstätte aber fest.