David Hockney, britischer Maler, Zeichner, Fotograf und iPad-Künstler, geht mit offenen Augen durchs Leben. Aus einer notwendigen Autofahrt erwachsen leuchtende Landschaftsbilder, die akribische Beobachtung der Natur resultiert in atemberaubenden Videos, das iPad ersetzt das Skizzenbuch. Mit einer großen Retrospektive wird Hockney, der im Juli 80 Jahre alt wird, in der Tate Britain in London als einer der größten lebenden britischen Künstler gewürdigt.
"Hockney findet Schönheit im Alltäglichen, die Vermittlung von Lebensfreude ist seine Mission", sagte Chefkurator Chris Stephens der Deutschen Presse-Agentur zur Eröffnung der Ausstellung.
Die Schau "David Hockney" wird an diesem Donnerstag (9. Februar) eröffnet und ist anschließend im Centre Pompidou in Paris und im Metropolitan Museum in New York zu sehen. Sie zeigt mehr als 200 Werke, von Gemälden über Zeichnungen, Fotocollagen und Videos bis zu animierten iPad-Zeichnungen. Abgedeckt wird in den zwölf Ausstellungsräumen chronologisch eine Schaffensspanne von mehr als 60 Jahren - von Hockneys erstem Selbstporträt 1954 über sein Kunststudium in London in den 1960er Jahren bis zu brandneuen Werken aus seiner Wahlheimat Kalifornien.
Die Schau, eine Art Bildertagebuch durch das Leben des Künstlers, wurde vom "Guardian" schon im Voraus als "Hit des Jahres" gewertet. Im Vorverkauf wurden Rekorde gebrochen. Etwa die Hälfte der Werke stammen aus Privatsammlungen, viele von ihnen sind erstmals zu sehen.
Hockneys riesige Leinwände in Öl und Acryl, seine berühmten Swimmingpool-Bilder, Waldszenen aus Yorkshire oder kalifornische Landschaften - in grellen Farben von knallrot über orange bis kobaltblau - erscheinen dem Betrachter auf den ersten Blick labend und wenig anspruchsvoll. Beim genauen Hinschauen aber wird deutlich, dass Hockney - als homosexueller Künstler - radikal und politisch seine eigene Geschichte erzählt und als scharfsinniger Beobachter seine Umgebung und das Zeitgeschehen kommentiert. Obwohl primär ein figurativer Künstler, sind Einflüsse von Pablo Picasso, Vincent van Gogh oder Henri Matisse erkennbar. Abstrakter Expressionismus, Naturalismus und Kubismus sind Bestandteil von Hockneys Stil, heißt es in der Tate.
Seine Innovationsbereitschaft zeigt sich unter anderem in den iPad-Zeichnungen. Im Fluge hat er mit dem Daumen oder Stift riesige Sonnenblumen oder eine Café-Szene in bestechenden Farben auf den Bildschirm gezaubert. Ebenso beeindruckend sind zu einem Kunstwerk zusammengefügte synchronisierte Videoaufnahmen zu den vier Jahreszeiten, für die Hockney in einem mit Kameras ausgerüsteten Geländewagen über Monate dieselbe Waldstraße in Yorkshire abfuhr. Ein weiteres Highlight bilden 25 Kohlezeichnungen über das Frühlingserwachen in den von ihm so geliebten Woldgate Woods.
Die Tate präsentiert Hockney als einen "tiefen Denker und innovativen Künstler". Er habe stets die Konventionen des künstlerischen Ausdrucks hinterfragt, ohne seinen charakteristischen Schwung, Humor und seine Farbe zu opfern. Erst bei der Konzeption der Schau, an der Hockney maßgeblich beteiligt war, wurde ein "roter Faden" in seinem Werk sichtbar: "Bei Hockneys Kunst geht es ums genaue Hinschauen und darum, alles zu feiern, was Leben bedeutet", sagte Stephens.
Hockney, der nach einem Schlaganfall 2012 schwerhörig ist, lebt laut Stephens auch heute noch täglich für seine Arbeit. Gemessen an der Ausstrahlungskraft seiner vier neuen Kalifornien-Gemälde scheint er auf der Höhe seines Schaffens zu sein. Der eher bescheidene Hockney verriet laut Tate, er sei selbst von der Schau beeindruckt. "Ich habe eigentlich ganz gute Bilder gemacht, nicht wahr?"