Galerie Max Hetzler, Berlin

Bilder sehen dich an

Man sieht Bridget Rileys Bilder nicht einfach nur an, man sieht ihnen zu, sagt der britische Großkritiker Adrian Searle in einem Video, in dem er vor einer großen Wandarbeit der wichtigsten lebenden englischen Malerin steht. Noch etwas anderes passiert: Während man den Bildern zusieht, beobachtet man sich selbst beim Sehen – eine seltene, spezielle Erfahrung, die man bei Max Hetzler jetzt ganz ausführlich machen kann. Der Berliner Galerist richtet inzwischen seine dritte Riley-Schau aus, und dieses Mal hat sie museumshaften Charakter.

Leihgaben aus Privatsammlungen, in Deutschland nie zuvor gezeigte Werke sowie eine große Wandzeichnung werden in den Räumen zu sehen sein, die die Künstlerin in Zusammenarbeit mit einem Architekten selbst gestaltet. Formal überwältigend wird die große Wandzeichnung „Composition With Circles 4“ aus gleich großen, schwarzen Kreisen, die das Auge auf vier mal 16 Metern sanft provozieren.

Rileys frühe Schwarz-Weiß-Arbeiten prägten die Optik der Swinging Sixties: grafische Op-Art auf Leinwand, minutiöse Beugung von Mustern, die das Auge als Wölbung, Kante oder Invertierung wahrnimmt. Ihre aggressiv bewegten Oberflächen wurden zum visuellen Kennzeichen einer ganzen Ära. Doch Riley verließ sich nicht auf die Macht der optischen Täuschung. So war sie schon längst wieder weiter, als die Computer in den späten 80er-Jahren all das auch konnten – und das Staunen über Effekte dieser Art stark nachließ.

Die Berliner Schau umfasst Werke seit 1983, als Riley ihre Streifenbilder begann. Genau das sind die Dinge, die man sich vergegenwärtigen sollte: welcher Pioniergeist einerseits und welch stringente Weiterentwicklung andererseits das Werk von Bridget Riley seit den 60er-Jahren ausmachen. Rileys Bilder zu sehen ist wie eine Begegnung mit einem für sein Wissen, seine bis heute erhaltene Frische und Neugier verehrten älteren Bekannten. Man sieht diese Bilder nicht einfach an, sie blicken seit fast 50 Jahren herausfordernd zurück.