Beyoncés Visual Album

"Wir waren Schönheit, bevor sie wussten, was Schönheit ist"

Beyoncés opulenter Musikfilm "Black Is King" zeigt, wie die Welt der Megastars in den gesellschaftlichen Diskurs hinein wirken kann. Ob das Werk der globalen Schwarzen Community tatsächlich ein Denkmal setzt, ist fraglich - aber das muss es auch gar nicht

Lange war nicht klar, was die Welt eigentlich zu erwarten hatte, wenn es um das Visual Album von Beyoncé ging, dass am 31. Juli auf Disney+ veröffentlicht werden sollte. Eine Würdigung der Vielfalt und Schönheit von Schwarzer Herkunft, kündigte Beyoncé in einem Instagram-Post Ende Juni an. Angelehnt an die Geschichte von "Der König der Löwen", zu dessen Remake die Künstlerin vergangenes Jahr den Soundtrack (und die Sprecherinnenstimme der Löwin Nala im englischen Original) beisteuerte, würde aus Videomaterial, das ursprünglich als Begleitung zum Album entstand, eine filmische Arbeit herauskommen. Man hielt sich bedeckt und schürte damit die Erwartungen.

Kaum ein paar Tage sind vergangen, seit "Black is King" nun zu sehen ist und die sozialen Medien sind bereits voll von ikonischen Stills aus der knapp anderthalbstündigen Videoarbeit. Ganz unterschiedlich sind die Bilder der kunstvollen Selbstinszenierung des Megastars. Mal in enganliegendem Marine Serre Bodysuit, mal in glitzernder Lametta-Abendrobe, mal mit futuristischer Körperbemalung – "Queen Bey" macht in allem eine gute Figur und das Internet feiert sie dafür.

Nachdem der anfängliche cringe-Moment überwunden ist und die Kitsch-Welle abebbt, wenn Beyoncé im weiten weißen Kleid am abendlichen Traumstrand plötzlich zu singen anfängt (Oh Schreck, ein Musical-Film?), stellt sich tatsächlich so etwas wie ein Flow ein, der an die Musikvideo-Bingewatching-Zeiten erinnert, als es noch VIVA und MTV gab. Wenn man es genau nimmt, ist "Black is King" eine Aneinanderreihung von verschiedenen Musikvideos zu den Liedern des Albums "The Lion King: The Gift", die durch narrative Elemente miteinander verbunden sind. Dabei kommen neben der Künstlerin auch Menschen aus der Diaspora zu Wort, die ihre Erfahrungen teilen. Gedankengut, das an verschiedene Philosophien aus afrikanischen Ländern anknüpft, fließt außerdem ein. "Our ancestors hold us from within our own bodies, guiding us through our reflections" (Unsere Vorfahren halten uns aus dem Inneren unserer eigenen Körper und leiten uns durch unsere Reflexionen), oder "To live without reflection for so long might make you wonder if you even truly exist" (Wer so lange ohne Spiegebild lebt, kann sich fragen, ob er wirklich existiert).  


Gut produziert, wie "Black is King" allemal ist, funktionieren diese Elemente überraschend gut und transportieren eine positive, bestärkende Botschaft in die Fangemeinschaft des Weltstars und darüber hinaus. Dass auch Popkultur-Ikonen wie Lupita Nyong’o, Beyoncés Mann Jay-Z, Naomie Campbell oder Kelly Rowland einen Auftritt haben, trägt außerdem zur Monumentalität des neusten Streichs der Künstlerin bei.

Doch die Arbeit ist mehr als die Summe ihrer Einzelteile. Dass er sich bereits rein durch den Namen in die von der Bewegung "Black Lives Matter" angestoßenen Diskurse und Aufstände um Rassismus und Diskriminierung einreiht, zeigt den popkulturellen Feinsinn der Künstlerin. "Black is Kingist jedoch definitiv kein aktivistisches Statement. Beyoncé beweist vielmehr, dass auch die Musikindustrie und die Welt der Megastars mit ihrer enormen Reichweite einen wichtigen, klugen Beitrag zum gesellschaftlichen Diskurs liefern kann. Ist das der universelle Charakter, den Bey meint, wenn sie von der tieferen Bedeutung der Arbeit spricht? Schwierig wird es mit der Universalität allerdings spätestens dann, wenn man bedenkt, dass das ganze Video nur für Disney+-Abonnenten zugänglich ist.

Ob "Black is King" tatsächlich einer global gedachten Schwarzen Perspektive ein Denkmal setzt, ist jedoch fraglich. Trotz intensiver Recherche, die Beyoncé und ihr Team der Arbeit zu Grunde legt, bleibt der Blick auf die afrikanischen Traditionen und Denkweisen doch ein US-amerikanischer. Schlimm ist das nicht, denn die ästhetische Präzision der Bilder allein spricht schon für sich und transportiert auch ohne die sphärisch unterlegten Sprechpassagen ein kraftvolles, andersartiges Bild der Schönheit, Stärke und Vitalität von Schwarzen Menschen. Und selbst wenn es dabei bleibt, was sich die Künstlerin wünscht – Menschen, Fans und Familien etwas zu geben, wenn sie es gemeinsam schauen – ist damit schon viel erreicht.

"We have always been wonderful. I see us reflected in the world’s most heavenly things. Black is king. We were beauty before they knew what beauty was" (Wir waren schon immer wundervoll. Ich sehe uns in den himmlischsten Dingen gespiegelt. Schwarz ist König. Wir waren Schönheit, bevor sie wussten, was Schönheit ist).