Reform bleibt strittig

Bessere Zeiten für Künstler und Kreative?

Eine Reform für mehr Fairness? Oder doch nur eine Mogelpackung? Der schwarz-rote Gesetzentwurf für ein neues Urhebervertragsrecht soll das Verhältnis zwischen Kreativen und "Verwertern" klären, macht aber viele Betroffene immer noch nicht glücklich

Künstler und Kreative in Deutschland sollen einen besser abgesicherten Anspruch auf faire Bezahlung erhalten. Mit diesem Ziel hat das Bundeskabinett am Mittwoch eine Reform des seit 14 Jahren geltenden Urhebervertragsrechts beschlossen. Der Gesetzentwurf von Justizminister Heiko Maas soll nun zügig dem Bundestag vorgelegt werden. Der SPD-Politiker sagte, es gehe um ein "gedeihliches Auskommen" für Kreative (Schriftsteller, Journalisten, Filmemacher, Designer, Drehbuchautoren oder Komponisten) und die Verwerter ihrer Leistungen, etwa Verlage oder Plattenfirmen.

Nach Protesten von Verlegern, Agenten und teilweise prominenten Autoren wie Hans Magnus Enzensberger hatte Maas einen Reformentwurf seines Hauses aus dem Herbst zugunsten der Verwerter nachgebessert. Dies wiederum stieß auf scharfe Kritik der "Initiative Urheberrecht", die nach eigenen Angaben die Interessen von rund 140 000 "Urhebern" und ausübenden Künstlern vertritt: Die schwarz-rote Regierung habe damit "ihre Versprechungen großenteils nicht erfüllt". Drehbuchautor und Produzent Fred Breinersdorfer sprach von einer Mogelpackung. "Denn der Entwurf fährt den Anspruch der Kreativen auf eine angemessene Vergütung im Kleingedruckten erheblich zurück."

Maas versuchte am Mittwoch Bedenken zu zerstreuen: "Unsere Reform hilft den Kreativen, ihre Ansprüche auch durchzusetzen." Viele Kreative seien freiberuflich tätig, ihre wirtschaftliche Lage sei trotz hervorragender Ausbildung und qualifizierter Leistungen oft prekär. "Das geltende Recht sieht zwar schon seit dem Jahr 2002 eine 'angemessene Vergütung' vor, in der Realität bekommen Kreative aber nicht immer, was ihnen zusteht", betonte Maas.

Eine Änderung im jetzt vom Kabinett verabschiedeten Gesetzentwurf betrifft die zunächst vorgeschlagene Regelung, wonach etwa Autoren die Rechte an einem Buch schon fünf Jahre nach Abgabe des Manuskripts zurückfordern können, wenn sie woanders bessere Bedingungen bekommen. Nach Einwänden insbesondere kleiner und mittlerer Verlage greift dieses Zweitverwertungsrecht nun erst nach zehn Jahren.

Ferner solle "das Prinzip der fairen Beteiligung an jeder Nutzung" gelten, und die Kreativen erhielten "ein Recht auf Auskunft über erfolgte Nutzungen", so Maas. "Die Künstlerinnen und Künstler sollen wissen, wie viel mit ihrer Leistung verdient wird." Allerdings werde der Auskunftsanspruch durch "Ausnahmetatbestände" begrenzt. Die Initiative Urheberrecht monierte daher, zunächst breiter angelegte Honoraransprüche entfielen nun komplett. Und der Auskunftsanspruch gelte für einen Großteil der "Urheber" jetzt nicht mehr.

Schwarz-Rot war aktiv geworden, weil Kreative sich nach wie vor oft auf Vertragsbedingungen einlassen müssen, mit denen sie alle Rechte an Werk und Leistungen gegen Einmalzahlung aus der Hand geben ("Total Buy-Outs"). Vor allem freiberuflich tätigen Urhebern fehle "die Markt- und Verhandlungsmacht, um den gesetzlich verankerten Anspruch auf angemessene Vergütung im Streitfall auch tatsächlich durchzusetzen", so das Ministerium. "Ihnen droht, wenn sie ihre Rechte wahrnehmen, häufig ein faktischer Boykott. Sie laufen Gefahr, dann keine Folgeaufträge mehr zu erhalten." Deshalb gibt es im Gesetzentwurf ein neues Klagerechts für Urheberverbände. "Der einzelne Künstler ist künftig nicht mehr auf sich allein gestellt ist, wenn es darum geht, sein Recht auf eine faire Bezahlung durchzusetzen."

Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger begrüßten, dass im Gesetzentwurf "das faktische Verbot von pauschalen Vergütungsvereinbarungen" entschärft wurde. Allerdings werde "am problematischen Verbandsklagerecht festgehalten", es öffne unbegründeten Klagen Tür und Tor. Und das Auskunftsrecht schaffe "eine teure, absolut überflüssige Bürokratie".

Auf der Urheber-Seite zeigte sich die Deutsche Orchestervereinigung besorgt. "Das Urhebervertragsrecht soll eigentlich die Verhandlungsposition der Urheber und ausübenden Künstler gegenüber den Verwertern weiter verbessern. Nunmehr scheint in Einzelpositionen das glatte Gegenteil der Fall zu sein." Die Vorsitzende des Bundestags-Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz, Renate Künast (Grüne), meinte: "Ich habe den Eindruck, dass Maas zwischen die Mühlsteine geraten und an wesentlichen Stellen eingeknickt ist."