Wie lange werden wohl die Biografien von Künstlerinnen sich noch so lesen wie die von Phyllida Barlow? Die 1944 geborene Britin stellte gleich nach ihrem Kunststudium 1965 im angesagten Institute for Contemporary Art in London aus – doch ihre Karriere hob nicht ab. Sie erzog fünf Kinder und brachte als Professorin an der Slade School in London Künstler wie Rachel Whiteread, Tacita Dean oder Douglas Gordon auf den Weg. Ihre eigenen Skulpturen, meist aus billigen Materialien wie Pappkarton, Zement oder Bauholz gefertigt, wurden fast alle zerstört – eine Galerie hatte sie nicht und auch keinen Platz, die Werke selbst zu lagern. Erst als sie 2009 in Pension ging, bekam ihre Karriere neuen Schwung. Plötzlich fiel nicht nur ein paar Insidern auf, wie großartig Barlow mit Material im Raum umgeht, wie rau, originell und spannungsreich ihre Skulpturen sind.
2010 stellte sie unter anderem in der Serpentine Gallery und im Migros Museum Zürich aus, die Galerie Hauser & Wirth nahm Barlow unter Vertrag. Ihre Installationen füllten die großzügigen Duveen Galleries der Tate Britain und wurden auf der Biennale von Venedig gezeigt. "Nicht in meinen wildesten Träumen hätte ich jemals gedacht, dass das passieren würde", sagte die 72-Jährige in einem Gespräch mit dem "Guardian".
Im kommenden Mai wird Barlow den britischen Pavillon bei der Venedig-Biennale bespielen. Doch vorher bekommt sie noch eine Einzelausstellung in der Kunsthalle Zürich. In der zweiten Etage baut sie eine einzige, raumgreifende Skulptur auf, im dritten Stock greift sie in die Renovierungsarbeiten ein. Baustelle als Skulptur, Skulptur auf der Baustelle, wer könnte das besser als sie.