Er hat schon Lesungen und Clubabende wiederholt, Sprachaufnahmen in grafische Muster transkribiert und die Wände einer vorangegangenen Ausstellung durch geschickte Neutapezierung in ein Kunstobjekt verwandelt. Michael Riedels Strategien sind Aneignung, Wiedergabe und Reproduktion. Zur 51. Ausgabe der Art Cologne bespielt der Frankfurter 350 Quadratmeter der Eingangshalle – mit dem Buchstaben L. Er prägt nur die Konturen eines imitierten Messestands. Und er kommt 1894-mal in dem Text vor, der ein dreistündiges Meeting des Auswahlkomitees der Art Cologne wiedergibt. Vielleicht kann man also endlich nachvollziehen, warum bestimmte Galerien auf der wichtigsten deutschen Kunstmesse zugelassen werden oder warum nicht. Wahrscheinlich aber sieht man nur: ganz oft den Buchstaben L.
L wie Larry Gagosian zum Beispiel. Dass der mächtigste Galerist der Kunstwelt in diesem Jahr unter den rund 200 Ausstellern der Art Cologne ist, darf als extrem positives Signal verstanden werden. Vielleicht wollte Gagosian hinter den anderen Alphatieren wie David Zwirner, Hauser & Wirth oder Thaddaeus Ropac, deren Teilnahme schon seit Jahren ein Zeichen für die stetig gewachsene Qualität der Kölner Messe ist, nicht mehr zurückstehen. Ob im Schlepptau jetzt auch mit mehr Sammlern von Übersee zu rechnen ist? Darauf hoffen sicherlich auch die anderen gewichtigen Debütanten wie White Cube (London/Hongkong) oder Daniel Templon (Paris/Brüssel).
Manch ein neuer Teilnehmer der Messe lenkt sogar den Blick auf attraktive Nischen. Die aufstrebende Kunstszene von Los Angeles gerät bei David Kordansky in den Fokus. Die aus Tel Aviv anreisende Galerie Sommer Contemporary zeigt israelische Gegenwartskunst von der etablierten Yael Bartana bis zur Ex-Berlinerin Netally Schlosser. Ein Gewinn ist auch die Galerie Pi Artworks (Istanbul/London). Sie liefert Einblicke ins Kunstgeschehen unter Möchtegernsultan Erdogan.
Zeitdiagnostik versprechen auch das neue Format "Neumarkt" mit jungen Erstteilnehmergalerien aus Warschau, Tallinn oder Puerto Rico und die von Dataa Editions kuratierte "Film Cologne"-Sonderschau. Unter dem Titel "A Goth Life" reflektieren darin Künstler wie Keren Cytter, Hannah Perry oder Jon Rafman über eine alternative Internet-Realität.