Das Video zu Kanye Wests neuem Song "Wash Us In The Blood" (featuring Travis Scott) wurde in der Nacht zum Mittwoch veröffentlicht und bis Mittwochmittag bereits über 3,5 Millionen mal angesehen. Die visuelle Collage hat der Künstler Arthur Jafa beigesteuert, der für sein Werk "Love Is The Message, The Message is Death" von 2016 Kanye Wests minimalistischen Gospel "Ultralight Beam" benutzte. Nun hat er sich offenbar revanchiert - und Jafa-Fans dürften viele Bilder aus "Wash Us In The Blood" bekannt vorkommmen. Der Clip ist eine Montage aus gefundenem Material, das sich wie Jafas Arbeit überhaupt als eine Annäherung an die Black Experience in den USA lesen lässt. Aktuelle Bilder von "Black Lives Matter"-Protesten und Opfern von Polizeigewalt werden mit Auftritten Schwarzer Künstler und Nah-Aufnahmen der glühenden Sonne zusammengeschnitten. Viele Szenen (ein Gospelchor, der Youtube-Rapper Missylanyus, Aufnahmen aus dem Computerspiel "Grand Theft Auto") kamen bereits in anderen von Jafas Arbeiten vor. Aktuelle Bezüge stellen Filmausschnitte von Covid-19-Patienten her, die um Luft ringen - hier drängt sich auch die Assoziation zur Tötung von George Floyd durch einen Polizisten auf. Der 46-Jährige hatte mehrfach gerufen, dass er nicht atmen kann, während ein Polizeibeamter auf seinem Hals kniete. "I Can't Breathe" ist ein Anklageruf der derzeitigen Anti-Rassismus-Proteste.
Mit dem Video sampelt Arthur Jafa sich im Grunde selbst - was zur Praxis des Künstlers und Filmemachers gehört. Bilder sind für ihn zirkulierende Artefakte, die niemandem gehören und die immer wieder neu zusammengesetzt werden können. Auch seine eigenen Arbeiten sind nie final, sondern können sich auch nach der Veröffentlichung wieder verändern - diese Strategie des Fluiden hatte auch Kanye West mit seinem Album "Life Of Pablo" verfolgt. Offenbar hat Arthur Jafa für "Wash Us In The Blood" auch privates Material des Rappers bekommen. Am Ende des Videos taucht Kanye Wests und Kim Kardashians älteste Tochter North auf.
Kanye West ist in der Black Community keine unumstrittene Figur. Er hatte mehrfach (mit "Make America Great Again"-Kappe) seine Unterstützung für Donald Trump geäußert und sich in Kumpel-Umarmung mit dem US-Präsidenten ablichten lassen. Außerdem irritierte er mit Aussagen zur Sklaverei, die so verstanden werden konnten, als seien die Schwarzen für ihr Schicksal mitverantwortlich gewesen. Auf Instagram wurde das Video daher auch als Bekenntnis zur aktuellen Anti-Rassismus-Bewegung und als Wiederannäherung gelesen. "Who's ready to love me again?" kommentierte eine Userin. Auf Arthur Jafas Account fragten mehrere Nutzer, ob der Künstler Kanye West beigebracht habe, warum sein Flirt mit Trump gefährlich sei.