"Im Westen nicht Neues" oder "Und jährlich grüßt das Murmeltier" – ungefähr so könnte das Fazit des Art Basel and UBS Art Market Report 2023 lauten. 67,8 Milliarden US-Dollar wurden weltweit im Jahr 2022 auf dem Kunstmarkt umgesetzt, wenn man nach Clare McAndrew geht, die den Bericht seit 2016 für die Schweizer verfasst (bis dahin für die Maastrichter Tefaf). Das sind knapp 2 Milliarden mehr als letztes Jahr und dreieinhalb Milliarden mehr als im nicht so guten Jahr 2019, aber fast exakt so viel wie 2018 und 400 Millionen weniger als im Rekordjahr 2014.
Im Grunde genommen hat sich im letzten Jahrzehnt also nicht allzu viel getan, möchte man meinen. Die goldene Dekade des Kunstmarkts war eindeutig vorher – 2003 betrug sein gesamtes Volumen noch 18,6 Milliarden Euro (seinerzeit mit dem Auftraggeber Maastricht) und 2013 satte 47,4 Milliarden Euro oder 63,3 Milliarden Dollar (Ja, damals gab es noch über 1,30 Dollar für den Euro).
Schaut man auf die einzelnen Regionen und Segmente, differenziert sich das Bild, aber es wird nicht schöner. China hat demnach Rang zwei an Großbritannien abtreten müssen, was angesichts der andauernden Lockdowns nicht weiter verwundert. Frankreich konnte seine nach dem Brexit gestärkte Position mit fünf Millarden Umsatz behaupten und ist mit seinem Sieben-Prozent-Anteil nach wie vor dafür verantwortlich, dass die EU immerhin zwölf Prozent am Weltmarkt hält.
Deutschland kümmert mit zwei Prozent weiter vor sich hin. Allzu sehr sollten die französischen Galeristen, Kunsthändler und Auktionatoren jedoch nicht frohlocken, denn ob sie weiterhin beim race to the bottom um den niedrigsten Umsatzsteuersatz in der Europäischen Union ganz vorne sein werden, scheint noch lange nicht ausgemacht. Die Branche unseres Nachbarlandes unkt lautstark dagegen und behauptet, wenn ihr Steuersatz wie geplant auf die regulären 20 Prozent angehoben würde, mache die Schweiz oder eben wieder Großbritannien das Geschäft.
Ein einheitlicher Umsatzsteuersatz muss her
Wenn das so einfach wäre, hätten die Eidgenossen schon bisher stärker profitieren müssen, doch ihr Anteil liegt seit Jahren stabil bei rund zwei Prozent. Viel eher dürfte der Rest des innergemeinschaftlichen Kunsthandels profitieren. Höchste Zeit also für eine einheitliche Umsatzsteuer in der gesamten EU – gerne auch zu einem ermäßigten Satz wie für andere Kulturgüter (Bücher, Katzenfutter und so weiter).
Denn die zehn oder 13 Prozent Unterschied bei der Steuer können im preissensiblen Sektor des Primärmarktes durchaus existenzrettend sein. Zwar konnten Kunsthandel und Galerien 2022 geschätzt 37,2 Milliarden Dollar erlösen und mit einem Wachstum von sieben Prozent das Kräfteverhältnis zum Auktionshandel auf 55 zu 45 verschieben. Doch profitierten von dem Zuwachs vor allem die Schwergewichte mit mehr als zehn Millionen Dollar Umsatz, die ein Plus von 19 Prozent verzeichnen konnten, während die Kleinsten (bis 250.000 Dollar) sogar einen Rückgang um drei Prozent hinnehmen mussten. Und in diesem Bereich ist ein Großteil der weltweit rund 300.000 Unternehmen aktiv. Diese Tendenz ist seit über einem Jahrzehnt zu beobachten und scheint sich bei allen konjunkturellen Aufs und Abs verfestigt zu haben.
Eine Konjunkturkurve zeigt übrigens steil nach unten, und das ist die der NFTs, zumindest der mit Kunstbezug. Hier hat sich der Jahresumsatz auf 1,5 Milliarden glatt halbiert, wovon 80 Prozent mit Wiederverkäufen erzielt wurden. Im Klartext: Weltweit wurden im Jahr 2022 "atelierfrische" NFTs für 300 Millionen verkauft. Für eine Kunstweltrevolution dürfte das nicht reichen.