Der Ars-Viva-Kunstpreis, den der Kulturkreis der deutschen Wirtschaft des BDI jährlich vergibt, geht 2023 an Paul Kolling (geboren 1993), Shaun Motsi (geboren 1989) und Leyla Yenirce (geboren 1992). Die angesehene Nachwuchs-Auszeichnung ist diesmal mit Ausstellungen im Goethe-Institut Paris und im Haus der Kunst in München sowie mit einem Aufenthaltsstipendium auf Fogo Islan in Kanada verbunden. Die Künstlerinnen und Künstler erhalten außerdem ein Preisgeld in Höhe von je 5000 Euro. Zudem gibt der Kulturkreis einen zweisprachigen Katalog heraus, der im Kerber Verlag erscheint. Die Ars-Viva-Ausstellungen sollen mit ortsspezifischen Arbeiten am 16. September im Goethe-Institut Paris und im Frühjahr/Sommer 2023 im Haus der Kunst in München eröffnet werden.
Paul Kolling studierte Bildende Kunst an der UdK Berlin und der Hochschule für bildende Künste Hamburg. In seinen Werken beschäftigt er sich unter anderem mit aktuellen Fragen der Ökonomie, Ökologie und Infrastruktur. Für Aufsehen sorgte beispielsweise seine Abschlussarbeit "Break of Gauge", die er 2020 im Kunstverein Harburger Bahnhof in Hamburg ausstellte. In dieser widmete er sich der Güterzugverbindung von China nach Hamburg, der "Neuen Seidenstraße". Kolling erstellte einen 35-Millimeter-Film aus Satelliten- und Luftaufnahmen, die er zu einer durchgängigen Bahnstrecke zusammenfügte. So, wie ein Zug etwa 16 Tage von China nach Hamburg braucht, dauerte es auch 16 Ausstellungstage, bis der Film die Luftaufnahmen von Hamburg zeigte.
Shaun Motsi studierte Freie Bildende Kunst an der Städelschule in Frankfurt am Main. Zu Motsis Arbeiten gehören Malereien, Installationen, Fotos und Texte. Seine Inspiration sucht er unter anderem in der Popkultur und im Alltag. Seiner Installation "Automat" (2021) liegt die Form eines Geldautomaten zugrunde, die Bilder entfalten sich auf dem Display. Andere Werke zeigen etwa eine Haselnuss-Schokolade, einen Handwerker unter einem Konzertflügel oder ausgestreckte Kinderhände. Sie enthalten eine Fülle von Informationen, die Geschichte dahinter lässt oft sich nur erahnen. Besonders wichtig ist Motsi die Frage, wie Wissen und Informationen konstruiert, vererbt und angeeignet werden – im zeitlichen, aber auch im geografischen Verlauf.
Leyla Yenirce schloss 2015 das Studium der Kultur der Metropole an der Hafencity Universität Hamburg ab. Im Anschluss studierte sie an der Hochschule für bildende Künste Hamburg. In ihren Videoarbeiten, Installationen und Performances setzt sie sich mit der kurdisch-yezidischen Kultur sowie ihrer eigenen Identität auseinander. Außerdem beschäftigt sie sich mit den Themen Rassismus, Mysogonie, Terrorismus und Extremismus. So widmete sie sich in ihrer audiovisuellen Arbeit "Being strong is hard", die seit November 2021 im Kunstverein Hamburg zu sehen ist, Frauen im Moment des Widerstands. Bilder aus dem Archiv der Künstlerin rasen am Auge des Betrachtenden vorbei. Darauf sind etwa Landschaften, Malereien, aber auch kurdische Frauen mit Waffen zu sehen.
Seit 1953 vergibt der Kulturkreis den Ars-VivaPreis an junge, in Deutschland lebende Künstlerinnen und Künstler. Seitdem wurden mehr als 350 Personen geehrt, darunter große Namen wie Georg Baselitz, Katharina Sieverding, Albert Oehlen, Rosemarie Trockel, Candida Höfer, Thomas Ruff, Wolfgang Tillmanns, Thomas Struth, Jeanne Faust, Omer Fast, Peter Piller und Mariana Castillo Deball.