Seine erste konzeptuelle Arbeit schuf Anri Sala, freilich ohne es zu wissen, im Alter von zehn Jahren: Er fing an, täglich Eier zu zeichnen. Insgesamt entstanden mehr als 1000 Eierzeichnungen, ein Resultat, das die Ausdauer des Künstlers belegt. Schon damals entwickelte der 1974 in Tirana geborene Sala sein Gespür für Tempo, Rhythmik und Wiederholung, Eigenschaften, die er später in sein akustisch-visuelles Werk übernehmen sollte.
Das New Museum in New York widmet dem Künstler jetzt eine große Schau, die auf drei Etagen seine komplexen Sound- und Videoarbeiten zeigt. Der Titel der Ausstellung, "Answer Me", nimmt Bezug auf eine gleichnamige Arbeit von 2008, gefilmt in einer ehemaligen amerikanischen Abhörstation auf dem Berliner Teufelsberg.
Es ist die Geschichte einer gescheiterten Kommunikation zwischen Frau und Mann: "Answer Me", ruft sie in die Stille hinein, er wendet ihr am Schlagzeug sitzend den Rücken zu. Als Antwort hört man nur das Echo aggressiver Trommelschläge.
Immer wieder untersucht Sala in seinen Arbeiten, welchen Einfluss die Architektur auf die Produktion von Sound hat, und suggeriert, dass die eigene Position im Raum vor allem über das Gehör wahrgenommen wird. Neben der US-Premiere von "Ravel Ravel Unravel", dem französischen Beitrag der Venedig-Biennale 2013, wird im New Museum eine räumliche Neuinterpretation von "The Present Moment" (2014) zu sehen sein, in der Sala Arnold Schönbergs Stück "Verklärte Nacht" neu arrangiert.
Wenn sich die einzelnen Noten durch die Räume des New Museum entfalten, um sich schließlich anzuhäufen und, wie in eine Sackgasse gedrängt, wiederholt abzuspielen, dann erzeugt Sala einen Dialog, in dem sich Musik und Raum im gegenseitigen Wechsel antworten.