Als Andreas Gursky mit den Arbeiten am Bild einer riesigen schwimmenden Stadt begann, galt die Kreuzfahrt noch als Boombranche und war Covid-19 ein außerhalb medizinischer Fachkreise unbekannter Begriff. So ist "Kreuzfahrt" (2020), das ein Schiff im Konstruktionsprozess zeigt, jetzt beides: Sinnbild für Luxus und Konsum und den desaströsen Einfluss des Menschen auf die Natur. Und Symbol für die gegenwärtige Krise, die unsere Gesellschaften ganz neu über Raum, Distanz und soziales Miteinander nachzudenken zwingt.
Gerade dürfen die Schiffe unter strengen Auflagen wieder auslaufen, da liegen die ersten nach Covid-19-Fällen an Bord schon wieder unter Quarantäne in den Häfen. Das dichte Aufeinanderhocken der Reisewilligen, die kollektiven Pauschal-Erlebnisse auf hoher See passen so gar nicht in eine Zeit des Abstands.
Zugleich erinnert das Bild aber auch an "Paris, Montparnasse" – Gurskys Aufnahme eines riesigen Sozialwohnungsprojekts, mit dem der Becher-Schüler selbst vor 30 Jahren die Monumentalität in die Fotokunst einführte. Gurskys "Montparnasse" war 4,30 Meter breit und fast zwei Meter hoch; die "Kreuzfahrt", die bis zum 14. November in der Einzelausstellung des Fotoküntlers in der Berliner Galerie Sprüth Magers zu sehen ist, bringt es auf 4,70 mal 2,30 Meter – ein Historiengemälde eines epochalen Umbruchs.