Im Mai 2019 trafen sich der Musiker Sven-Åke Johansson und der Maler Albert Oehlen auf der Bühne der Elbphilharmonie in Hamburg für ein außergewöhnliches Konzert: Der schwedische Komponist spielte gegen eine historische Rhythmusmaschine aus der Sammlung vom Oehlen an. Die Idee entstand bei Johanssons Besuch im Atelier des Künstlers ein Jahr zuvor.
Der Künstler zeigte dem Schlagzeuger seine Sammlung von amerikanischen und japanischen Rhythmusmaschinen ab den 1960er-Jahren. "Ich sammle alte Schlagzeugmaschinen, weil ich den Widerspruch faszinierend finde, dass man Geräte sammelt, die so wenig wie möglich können. Ein Drumcomputer ist für mich umso attraktiver je begrenzter sie ist", erzählt der 66-Jährige.
Aus dem Konzert ist nun das Album "Rhythm Ace & Slingerland" entstanden. Es erforscht, wie Kunst die Musik beeinflusst und umgekehrt, eine Frage, der Oehlen in seinem Werk oft nachgeht. "Die Situation war eine Erweiterung meines Seins und auch dieses Geräts", sagt auch Sven-Åke Johansson. "Es ist ein Gewinn für beide: Mensch und Maschine. Das Experiment war also erfolgreich."
Für Sebastian Frenzel, stellvertretender Chefredakteur von Monopol, reiht sich das Album zudem ein in eine lange Beziehung von Jazz und abstrakter Malerei, wie er im Gespräch mit Detektor.fm erklärt, das Sie hier nachhören können:
Albert Oehlen, 1954 in Krefeld geboren, Studium bei Sigmar Polke an der Hamburger Hochschule für bildende Künste, fing an zu malen, als die Malerei tot war und jeder, der nicht als reaktionär gelten wollte, Konzeptkunst betrieb.
Gegen diese Haltung begehrten nicht nur die Hamburger um Oehlen auf (etwa Martin Kippenberger und Werner Büttner), auch in anderen Städten formierten sich die sogenannten Neuen Wilden, mit durchaus unterschiedlichen Motivationen: Berliner Maler wie Salomé und Helmut Middendorf setzten auf trotzig-spaßige Punkgesten, die Kölner Jirí Dokoupil und Walter Dahn auf ein gegen den Akademismus der Konzeptkunst gerichtetes Intensitätsstreben. Oehlen hingegen betrieb eben darum keine Konzeptkunst, weil er ihre Befunde für richtig empfand, die Kritik am Tafelbild aber nicht von außen her üben wollte. Er trug sie in die Malerei selbst hinein.
Er betreibe eine Malerei gegen jede Wahrscheinlichkeit, sagte Oehlen einmal im Monopol-Interview. "Am Anfang sieht man nur Durcheinander. Das ist wie in der Musik, Stockhausen klingt ja auch erst nach Chaos. Aber dann erkennt man, dass da eine Ordnung ist."