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Zeitgenössische Kunst in der Oberpfalz? Eine Spurensuche

Bayern ist eine der reichsten deutschen Museumslandschaften: Mehr als 1200 nichtstaatliche Museen spiegeln die Kultur und Geschichte des Landes wider. Auch die Menschen hinter den Museen machen sie zu dem, was sie sind

Wir haben die Kulturreferentin Dr. Bärbel Kleindorfer-Marx getroffen, die zeitgenössische Kunst in der Oberpfalz zusammenbringt, und mit ihr über kooperatives Arbeiten in der Kunst gesprochen                                 


Frau Kleindorfer, Marx, was sind Ihre Aufgaben für die Kultur in der Region Cham?

Als Kulturreferentin koordiniere ich kulturelle Veranstaltungen der Region. Dabei arbeite ich mit einem Netzwerk aus verschiedenen Künstlern zusammen, kümmere mich aber auch um das Publikum. In unserer Region gibt es zahlreiche Kulturvereine, Kleinkunstbühnen, Theater und Konzerthäuser. Der Schwerpunkt meiner Arbeit liegt aber auf den Museen. Zusammen mit zwei Kollegen berate ich zwölf kommunale Museen zu inhaltlichen Aspekten, Sonderausstellungen und baulichen Maßnahmen.  

Welche Bedeutung hat das Museum SPUR für Sie?

Das Museum SPUR betreue ich zusammen mit einer Kollegin aus der Stadt Cham. Ich bin seit der Gründung 1991 in das Projekt involviert. In dem historischen Gebäude sehen Gäste wunderbare Kunst aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Aus diesem Gegensatz entsteht ein tolles kulturelles Erlebnis. Für mich ist die internationale Anziehungskraft des Museums etwas ganz Besonderes. Wir haben viele interessierte Gäste aus dem Ausland. 

Was ist die Künstlergruppe SPUR?

Die Künstlergruppe SPUR ist 1957 in München entstanden. Lothar Fischer, Heimrad Prem, Helmut Sturm und HP Zimmer arbeiteten in dieser Formation bis 1965 intensiv zusammen. Später gab es Nachfolgegruppen und wechselnde Kooperationen. Die vier ursprünglichen Mitglieder lernten sich in den 50er-Jahren kennen, während ihres Studiums an der Münchner Akademie der bildenden Künste. Sie alle suchten einen starken künstlerischen Austausch mit Gleichgesinnten und fanden ihn in der Gruppe. SPUR fand schon früh nach dem Zweiten Weltkrieg den Anschluss an die europäische Kunstszene. Erzählungen besagen, dass der Name entstand, als die vier Künstler nach dem winterlichen Besuch einer Kneipe ihre eigenen Fußspuren im Schnee sahen und beschlossen, dass sie auch künstlerisch Spuren in der Welt hinterlassen wollen. Andere meinen, die vier Buchstaben stehen für die vier Künstler.

Welche Beziehung haben Sie zur Künstlergruppe SPUR?

Durch meine langjährige Zusammenarbeit mit dem Museum bin ich in die Erforschung der Geschichte zu SPUR hineingewachsen. Inzwischen interessiere ich mich für alle SPUR-Ausstellungen in Deutschland und Europa. Lothar Fischer und Helmut Sturm durfte ich sogar persönlich kennenlernen. Die Künstler haben nach ihrer Zusammenarbeit individuelle Entwicklungen durchgemacht, die ich sehr spannend finde.

Welches ist Ihr Lieblingsexponat im Museum und warum?

Besonders gut gefällt mir das SPUR-Buch. Es besteht aus den Heften der Zeitschrift SPUR. Dort veröffentlichten die Künstler ihre damaligen Gedanken und Ansichten. Ein herausragendes Gemälde stammt von Heimrad Prem. Es heißt „Die Verrückten“ und zeigt den sogenannten Facettenstil der 60er Jahre. Dafür hat der Maler Bilder durch ein Prisma betrachtet. Anschließend gab er diese facetierte Ansicht wieder.

Was ist das Besondere an der Künstlergruppe SPUR, die 1957 in München gegründet wurde?

Die internationalen Verbindungen der SPUR-Gruppe so kurz nach dem Zweiten Weltkrieg sind etwas Herausragendes. Helmut Sturm verbrachte 1958 ein halbes Jahr in Paris und wurde dort vom französischen Staat gefördert. Einige Werke wurden auch auf der documenta in Kassel gezeigt. Neben dem bildnerischen Schaffen hatte SPUR einen hohen gesellschaftspolitischen Anspruch. Die Künstler diskutierten viel über aktuelle Themen oder gesellschaftliche Entwicklungen. Das spiegelt sich in ihren Werken wider. Ein politisches Sprachrohr fanden sie in Manifesten und Flugblättern. Deswegen standen sie sogar wegen Gotteslästerung und Pornografie vor Gericht.

Was bedeutet kooperatives Arbeiten generell für Sie und was bedeutet es in der Kunst?

Kooperatives Arbeiten ist der Wunsch nach einem Miteinander. Es ist die Suche nach Kunst, die aus einer gemeinsamen Idee entsteht. Durch die gemeinschaftliche Auseinandersetzung entsteht eine einzigartige Kreativität. Das bedeutet nicht, dass die Künstler immer gemeinsam an einer Leinwand malen. Vielmehr stehen sie in einem stetigen Austausch über ihre Projekte.

Wie funktioniert kooperatives Arbeiten genau?

Ein Beispiel für gemeinsames künstlerisches Schaffen ist der Malrundlauf. SPUR arbeitete 1965 mit dieser Technik. Dabei saßen die vier Künstler an einem Tisch und legten leere Blätter vor sich. Nachdem alle erste Farben und Formen auf ihr Blatt gebracht hatten, begann der Rundlauf. Jeder gab sein Blatt an den Sitznachbarn weiter und dieser setzte ein neues Element darauf. Das Spiel geht zurück auf die Zeit des Surrealismus. Von diesen Malspielblättern haben wir eine Reihe im Museum SPUR.

Es gibt noch vier weitere Museen im Netzwerk „Zeitgenössische Kunst in der Oberpfalz“, mit denen Sie sich als Museumsgruppe zusammengeschlossen haben. Was macht die anderen Museen so einzigartig?

Das Cordonhaus hat tolle Ausstellungen regionaler und überregionaler Künstler. Oft handelt es sich dabei um Schüler der Künstler Gruppe SPUR. Außerdem gibt es verschiedene Veranstaltungen wie Lesungen oder Musikabende. Das Oberpfälzer Künstlerhaus bietet Kurse für Radierungen, Siebdrucke und Lithografie an.

Das Motto des Luftmuseums ist sehr originell: Luft hören, sehen, erleben und verstehen. Veranstaltungen wie das Luftboottreffen oder das Luftmuseumsfest sind besonders interessant. Das Museum Ludwig Gebhard ist für die großartigen Farblinolschnitte des Künstlers bekannt. Zum Museum gehört auch einen Skulpturenweg im Ort mit ganzjährig zugänglichen Werken Gebhards.

Das Netzwerk verbindet diese Kunstorte miteinander. Wir bringen ein gemeinsames Programm heraus und teilen uns die Arbeit auf. Diese enge kooperative Zusammenarbeit mit meinen Kolleginnen und Kollegen schätze ich sehr.