Adrien Brody, Sie spielen im Film "Der Brutalist", der gerade für zehn Oscars nominiert wurde, einen Architekten und Holocaust-Überlebenden, der in den USA der Nachkriegszeit einen Neuanfang wagt. Für Ihre Rolle in "Der Pianist" verlangte Roman Polański, dass Sie vier Stunden pro Tag am Klavier übten. Wie sah die Vorbereitung für die Architekten-Rolle aus? Wahrscheinlich haben Sie nicht erst ein Haus gebaut?
Interessanterweise habe ich fast sieben Jahre damit verbracht, eine alte Scheune zu renovieren und zu restaurieren. Vor gut 22 Jahren habe ich in Upstate New York gemeinsam mit örtlichen Handwerkern damit angefangen, ein architektonisches Juwel, eine alte Steinscheune, wieder zum Leben zu erwecken. Dafür bin ich durch die ganze Welt gereist, um Deckenpaneele aus indischen Palästen und Kirchenfenster der vorletzten Jahrhundertwende in den Bau zu integrieren. Dazu moderne Möbel. Es hat eine ganz eigene Ästhetik, die widerspiegelt, was mich bisher beeinflusst hat. Mein Haus ist immer noch nicht fertig. Außerdem habe ich einmal ein Kunstatelier gebaut, eine freitragende Konstruktion mit einem Fachwerkdach. Ich verstehe und schätze also Architektur. Und ich bin ein Fan des Brutalismus. Für meine Rolle war das sehr hilfreich.
Haben Sie viel gelesen zur Vorbereitung? László Toth, den Sie spielen, ist zwar ein fiktionaler Charakter, aber er hat einen Bauhaus-Hintergrund und erinnert ein bisschen an Marcel Breuer.
Ja, die Figur ist von verschiedenen berühmten Architekten inspiriert, von Marcel Breuer, Ludwig Mies van der Rohe oder Louis Kahn. Sie alle kamen aus Europa und gingen in die USA. Aber sie emigrierten vor dem Krieg. Für Toth, der das Konzentrationslager überlebt hat, gibt es kein reales Vorbild. Es kann keine Referenz geben, weil diese Menschen alle umgekommen sind. Deshalb haben sich Brady Corbet und Mona Fastvold, die gemeinsam das Drehbuch schrieben, auf Architekten bezogen, die spätestens in den 1930ern nach Amerika gekommen waren.
Corbet und Fastvold haben sich die künstlerische Freiheit erlaubt, zwischen dem Holocaust und dem Baustil des Brutalismus eine Verbindung herzustellen. Das ist zwar architekturhistorisch nicht korrekt, aber interessant. Im Film entwirft Toth dieses obskure Margaret Van Buren Center for Creation and Activity. Wie sehen Sie diesen Bau?
Es geht in "Der Brutalist" um den inneren Zusammenhang zwischen Nachkriegspsychologie und damaliger Architektur. Ich denke, das war für Brady und Mona ein erster Impuls, die Geschichte zu erzählen. Toth baut ein Denkmal seiner Leidensgeschichte, wobei einige Merkmale auch an das Konzentrationslager erinnern, in dem er eingesperrt war. Gleichzeitig symbolisiert die brutalistische Struktur des Bauwerks für mich seinen inneren Zustand. Es ist eine Festung, die Fassade ist undurchdringlich. Da ist eine innere Leere und eine Sehnsucht nach Spiritualität. Die sehr hohen Decken lassen erhabene Ambitionen spüren und den Wunsch dieses Mannes, mit einer höheren Macht zu kommunizieren und Erlösung durch Kunst zu finden.
Ich finde, es ist ein Musterbeispiel für fiktionale Architektur. Sie kann nicht wirklich funktionieren, aber sie trägt den Film.
Ja, das stimmt. Der Bau und seine Entstehung sind sehr schön in die Erzählung eingewoben. Der Film ist auch ein Denkmal – für den kreativen Geist und die Hartnäckigkeit, die wir alle in unserer Arbeit haben müssen, um wirklich durchzuhalten, damit wir ein Werk dieses Kalibers schaffen können. Die Mittel waren begrenzt, und es gab viele Hindernisse, bis dieser Film nach sieben Jahren fertig war. Ich bin vor fünf Jahren zu dem Projekt gestoßen und habe mich mit viel Energie und Hartnäckigkeit bemüht, mitzuhalten. So ein Film sollte von Dauer sein. Wie es auch bei Architektur der Fall ist.
Sie waren also ziemlich früh in das Projekt "Der Brutalist" involviert?
Ja, das Privileg hatte ich. Aber für einige Jahre verschwand das Filmprojekt auch wieder in der Versenkung. Was für ein Glück, dass es schließlich in Angriff genommen wurde.
Die eigentlichen Dreharbeiten waren ziemlich kurz, ungefähr 30 Tage. Sie mussten schnell arbeiten, obwohl sich László Toth in den 13 Jahren Erzählzeit stark verändert. Ein Knochenjob?
Es war nicht einfach. Es gab einfach so viele Besonderheiten und Nuancen an dieser Figur, die herausgearbeitet werden mussten. Wir konnten nur eine begrenzte Zahl an Takes drehen – und immer ging es in hohem Arbeitstempo weiter. Dabei hast du nicht nur deine eigene Rolle im Blick, musst den emotionalen Bogen deiner Figur nachvollziehen. Nein, auch die Interaktion ist ja sehr wichtig. So standen wir alle enorm unter Druck.
László spricht US-amerikanisches Englisch mit ungarischem Akzent. Und mit seiner Frau, die im zweiten Teil des Films in die USA einreisen kann, spricht er auch Ungarisch. Für die Britin Felicity Jones, Ihre Filmpartnerin, war es bestimmt eine besondere Herausforderung. Aber Ihre Mutter stammt aus Ungarn, was sicher hilfreich war. Sprechen Sie die Sprache?
Nein, obwohl ich ein bisschen Ungarisch verstehe. Und ich beherrsche definitiv eine Menge Schimpfwörter, denn ich bin damit aufgewachsen, dass meine Großeltern die Sprache zu Hause gesprochen haben. Und meine Mutter spricht natürlich fließend Ungarisch. Ich bin in New York aufgewachsen. Der Dialekt war mir immer sehr vertraut, eine sehr spezifische Sprachfärbung – worauf ich beim Dreh sehr viel Wert gelegt habe, dass wir das respektieren. Und ich konnte nicht nur aus dem Klang dieser Sprache schöpfen, sondern eben auch die Erfahrungen und Schwierigkeiten der ungarischen Einwanderer in Amerika aufgreifen. Das gilt insbesondere für die Geschichten, die mein Großvater erzählt hat. Es war sehr, sehr schwierig für ihn, sich in Amerika ein Leben aufzubauen und seine Träume zu verfolgen.
Seine Tochter, Ihre Mutter Sylvia Plachy, ist eine renommierte New Yorker Fotografin. Es gibt also eine doppelte Verbindung zu László Toth im Zusammenhang mit Ihrer Familie: Seine ungarische Herkunft – und die Tatsache, dass er Künstler ist.
Auf jeden Fall. Und es ist eine große Ehre für mich, das als Darsteller aufgreifen zu können. Vieles von den Kämpfen und kreativen Sehnsüchten meiner Mutter findet sich in der Figur wieder. Ich sehe auch, wie viel die oft schwierigen Erfahrungen meiner Mutter zu ihrer Kunst beigetragen haben – wie das ihre Bildsprache geformt hat. Wie sie auch eine Sensibilität für andere Menschen dadurch entwickelt hat. Sie ist eine sehr einfühlsame Person. Ihr ist das Wohlergehen anderer sehr wichtig, egal, ob es sich um Tiere oder Menschen handelt. Meine Mutter ist sehr sensibel für die Zerbrechlichkeit des Lebens.
Was war für Sie die größte Herausforderung in der Arbeit an "Der Brutalist"?
Dass es so wahnsinnig lange gedauert hat. Ansonsten habe ich die Schwierigkeiten der Rolle gerne gemeistert. Schauspielerei ist kein einfacher Beruf, aber ich habe große Freude daran, mich den Herausforderungen zu stellen. Wissen Sie, ich schaue eher wenig auf Arbeitsprozesse zurück, vor allem nicht auf schmerzhafte oder unbehagliche Momente. Das ist schnell abgehakt. Wenn die Härten das Werk vorangebracht haben, umso besser. Ich hatte ohnehin eine wunderbare Arbeitsbeziehung mit Brady Corbet, dem Regisseur. Es gab keine einzige Meinungsverschiedenheit zwischen uns. Und das bei einem Film, der so enorm komplex war und derart viele Belastungen für alle Mitwirkenden mit sich brachte. Das ist doch ein Triumph, wenn man sich gegenseitig stützt und gemeinsam einen Film auf die Beine stellt, auf den man wirklich stolz sein kann.