Phaenomenale – der Name des Festivals für Kunst und Wissenschaft, das alle zwei Jahre in Wolfsburg stattfindet, ist von dem dortigen von Zaha Hadid gebauten Wissenschaftsmuseum Phaeno abgeleitet, klingt aber ein bisschen nach Festivalitis. Umso gelungener dafür der Titel der Schau, die der Wolfsburger Kunstverein aus diesem Anlass ausrichtet: "Operation Mindfuck" beschäftigt sich künstlerisch mit Verschwörungstheorien. Gibt es einen Masterplan? Was geschieht wirklich mit unseren Daten? Und wer steckt eigentlich hinter all den unverständlichen globalen Krisen?
Das können wir auf die Schnelle auch nicht sagen – aber wir freuen uns natürlich, wenn digital versierte Konzeptkünstler wie Aram Bartholl oder Sven Kalden möglichst wilde Theorien darüber präsentieren. Oder virulente Wahnvorstellungen widerlegen – denn nicht zuletzt führt Paranoia im unglücklichen Zusammenspiel mit simplifizierenden Welterklärungsversuchen zu politisch höchst gefährlichen Manipulationen. Die Feindbilder von Pegida und Co. sind nur die jüngsten Beispiele aus einer Reihe, deren prominentestes Mitglied wohl die "jüdische Weltverschwörung" ist.
"Das Geheimnis" ist das übergreifende Motto der Phaenomenale, dem sie sich nicht nur mit Ausstellungen, sondern auch mit Vorträgen, Seminaren oder Konzerten nähert. Die Datenschutzdiskussion wird dabei schon mal ganz praktisch umgesetzt. So gibt es einen Workshop zur "Digitalen Selbstverteidigung", in dem man lernen kann, wie man trotz Smartphone-Nutzung die Privatsphäre wahrt. Dass frühere Generationen ebenfalls Probleme mit Überwachung hatten, zeigt dagegen das Hoffmann-von-Fallersleben-Museum: In der Ausstellung "Im Visier der geheimen Staatspolizei" dokumentiert es, wie der Dichter und Kämpfer für bürgerliche Freiheitsrechte, der wegen seiner Agitation die Professur verlor, immer wieder von Spitzeln drangsaliert wurde.
Der Romantiker von Fallersleben bringt wahrscheinlich auch bei Dirk von Lowtzow eine Saite zum Klingen. Der Tocotronic-Sänger kommt mit seinem Nebenprojekt Phantom/Ghost zum Konzert nach Wolfsburg und spielt in der visionären Architektur des Phaeno seine vertrackten, verrätselten Songs.
Wie es sich für ein Festival gehört, hat auch die Phaenomenale diesmal Preise ausgelobt: Der Human Interface Award wird für eine Installation vergeben, mit der die Besucher über Körpersensoren, Kameras oder mechanische Schnittstellen interagieren können. Und der Social Media Art Award prämiert Kunst, die über soziale Netzwerke reflektiert oder darin entstanden ist.