Ein Gemälde von Pablo Picasso ist zum teuersten je versteigerten Bild der Welt geworden. Das 1955 erstellte Ölgemälde «Les femmes d'Alger» erzielte zum Auftakt der New Yorker Frühjahrsauktionen in der Nacht zum Dienstag inklusive Kaufprämie rund 179,4 Millionen Dollar (etwa 160 Millionen Euro), nachdem der Hammer zuvor bei rund 160 Millionen Dollar gefallen war. Wer das Bild, das die Experten des Auktionshauses Christie's auf «in der Gegend von 140 Millionen Dollar» geschätzt hatten, gekauft hat, wurde zunächst nicht bekannt. Das bislang teuerste Gemälde - das Triptychon «Three Studies of Lucian Freud» von Francis Bacon - hatte vor rund anderthalb Jahren ebenfalls bei Christie's in New York 142,4 Millionen Dollar erbracht.
Auch der Rekord für die teuerste je bei einer Auktion versteigerte Skulptur aller Zeiten fiel: Alberto Giacomettis «Zeigender Mann» erzielte inklusive Kaufprämie rund 141,3 Millionen Dollar - und damit rund 35 Millionen Dollar mehr als die bislang teuerste Plastik, Giacomettos «Schreitender Mann». Sie hatte vor fünf Jahren in London 104,3 Millionen Dollar eingebracht. Christie's hatte den «Zeigenden Mann» zuvor auf rund 130 Millionen Dollar geschätzt. Wer die dünne Bronzefigur kaufte, wurde zunächst nicht bekannt.
Außerdem wurden bei der Veranstaltung für weitere acht Künstler neue Auktionsrekorde aufgestellt: Peter Doig, Robert Delaunay, Cady Noland, Jean Dubuffet, Diane Arbus, Jean-Michel Basquiat, René Magritte und Chaim Soutine. 35 Werke waren bei der Auktion insgesamt angeboten worden und sie wurden alle verkauft.
Das Picasso-Bild löste bei der Auktion einen rund zwölfminütigen Bieter-Wettstreit aus. Mehr als 30 Gebote wurden abgegeben, bis Auktionator und Christie's-Chef Jussi Pylkkanen schließlich einem Telefonbieter den Zuschlag gab. «Les femmes d'Alger» wurde zugleich auch noch zum teuersten je versteigerten Picasso (1818-1973). Es brach den 2010 erzielten Rekord von 106,5 Millionen Dollar für einen «Akt mit grünen Blättern und Büste».
«Les femmes d'Alger» war ursprünglich im Besitz des inzwischen gestorbenen US-Sammlerehepaars Victor und Sally Ganz, die es 1956 direkt von Picassos Galerist Daniel Kahnweiler kauften. Von dem Werk gibt es 15 Versionen. Das Ehepaar Ganz kaufte alle für damals insgesamt 212 500 Dollar, verkaufte sie jedoch später nach und nach wieder. Bei dem Werk, das nun versteigert wurde, handelt es sich um die Version «O». Sie war zuletzt 1997 bei einer Auktion aufgetaucht und damals für rund 32 Millionen Dollar verkauft worden. Zuletzt gehörte das Gemälde nach Angaben von Christie's einem «sehr privaten Sammler aus New York».
«Les femmes d'Alger» ist ein Bild, von dem feststeht, dass es die Kunstgeschichte nachhaltig beeinflusst hat. Ein solches Schlüsselwerk kommt nur äußerst selten auf den Markt. Es bezieht sich auf ein berühmtes Bild des französischen Malers Eugène Delacroix, den Picasso bewunderte. Das 1834 entstandene Bild von Delacroix zeigt Frauen aus einem Harem in Algier. Im prüden Europa regte es die sexuelle Fantasie der Männer an. Picasso greift dies in witziger Form auf, indem er in sein Bild viele weibliche Brüste, Bäuche und Hinterteile einbaut. Diese erscheinen jedoch in kubistisch verfremdeter Manier, gleichsam aufgelöst in ihre geometrischen Formen.
Außerdem bezieht sich «Les femmes d'Alger» auch noch auf Picassos Künstlerfreund Henri Matisse, der kurz zuvor gestorben war. Er war ebenfalls für orientalische Szenen bekannt.