An Selbstvertrauen scheint es dem Lehrer Edward Makuka Nkoloso aus Sambia nicht gemangelt zu haben. 1964, kurz nach Gründung des Staats, ernannte er sich zum Chef der sambischen Raumfahrtbehörde. "Wir werden zum Mars fliegen! Unsere Crew ist bereit", ließ er die Presse wissen, als Sambia gerade seine Unabhängigkeit vom britischen Königreich feierte. Die Astronauten – ein 17-jähriges Mädchen, zwei Katzen und ein Missionar – seien bereits trainiert: Er habe sie in Fässern Berge hinunterrollen lassen, um sie an die Schwerelosigkeit zu gewöhnen. Nun müsse er nur noch auf sieben Millionen Pfund von der Unesco warten, um das Vorhaben zu finanzieren.
Leider fand die Mission nie statt. Dafür inspiriert Nkoloso heute immer mehr junge Künstler. Etwa die ghanaische Regisseurin Frances Bodomo: Sie hat seiner Utopie den 14-minütigen Kurzfilm "Afronauts" gewidmet, der bereits auf mehreren Festivals gezeigt wurde und jetzt sogar ins Museum kommt. Die Vitra-Kuratorin Amelie Klein hat den Schwarz-Weiß-Streifen als eines von rund 280 Werken für die Ausstellung "Making Africa" ausgewählt, die sie gemeinsam mit Okwui Enwezor entwickelt hat, dem Direktor des Münchner Hauses der Kunst. Schon der Rechercheprozess verspricht außergewöhnliche Qualität: In den vergangenen zwei Jahren wurden Tagungen in Metropolen wie Lagos, Dakar, Kapstadt, Kairo und Nairobi abgehalten, etwa 70 Designer, Künstler, Wissenschaftler, Architekten, Galeristen und Kuratoren konsultiert.
Den Ausstellungsmachern zufolge knüpfen viele junge Kreative in Afrika heute wieder an die Zeit des Postkolonialismus an. Möglicherweise, weil die Aufbruchsstimmung der 60er mit der heutigen Zeit vergleichbar sei: In vielen afrikanischen Ländern bilde sich eine Mittelschicht heraus, Smartphones und Internet beförderten kulturelle und gesellschaftliche Entwicklungen. Enwezor plädiert für ein neues Vokabular für Design in Afrika.
"Wir müssen Konzepte wie Recycling, Umgestaltung, Verarmung oder Informalität neu denken, um sie produktiv in die Gegenwart zu übertragen und unser Bild des Defizits zu überwinden", sagt der Kurator. "Machen" – auf Englisch "to make" – sei dabei ein zentraler Begriff, da er die Selbstgefälligkeit des Massenkonsums infrage stelle. "Eine Sache, die die afrikanischen Volkswirtschaften zerstört, ist der Import von Billigwaren. Im afrikanischen Kontext müssen wir also auch die politische Dimension von ,making‘ begreifen – als subversiver Akt, als Erforschung neuer Ansichten, Konzepte und Industrien."
Die Möbel des Maliers Cheick Diallo, die aus Straßenmüll wie Dosendeckeln, Knöpfen oder auch Stacheldraht gefertigten Brillen-skulpturen des Kenianers Cyrus Kabiru oder die Mode der Nigerianerin Buki Akib: Der Kontinent schickt neue Ideen in die Welt und zeigt, was Design im 21. Jahrhundert bewegen kann.