Kunstmesse in Madrid

7 Dinge, die man auf der Arco nicht verpassen sollte

Foto: Sebastiano Pellion di Persano
Foto: Sebastiano Pellion di Persano
Stand der Berliner Galerie Carlier Gebauer auf der Arco in Madrid.

Noch bis Sonntag läuft in Madrid die 37. Ausgabe der Kunstmesse Arco. Hier unsere Highlights – inklusive eines doch nicht ganz zensierten Werkes von Santiago Sierra

1) Santiago Sierras Fotoserie "Presos Politicos" am Stand der Galerie Helga de Alvear

"Zensur!", donnert es seit dem ersten Previewtag der Arco in Madrid durch die internationalen Medien: Die betagte Galeristin Helga de Alvear, als wichtigste Händlerin in Spanien gleich am Eingang der Messe platziert, wurde von der Messeleitung gebeten, die Fotoserie "Politische Gefangene" abzuhängen und hat dieser Bitte entsprochen. Allerdings: Am Stand sind die Fotos noch zu sehen, als Papierbroschüre, die man für zehn Euro auch mit nach Hause nehmen darf. Die Aufregung entstand, weil der geübte Provokateur Sierra in dem Werk auch katalanische Separatistenpolitiker, die zur Zeit in Untersuchungshaft sitzen, als politische Gefangene deklariert – eine Bezeichnung, die Spaniens Kulturminister aufgebracht zurückwies. Der Künstler jedenfalls hat sein Ziel erreicht: Die Diskussion um den katalanischen Separatismus ist auf der Messe angekommen. Und wie der österreichische Standard berichtete, wurde die Arbeit für 96.000 Euro inklusive Steuern an einen spanischen Sammler verkauft.

 

2) "Dialogues": "Mobilize" (2017) von Otto Berchem & Amalia Pica beim Instituto de Visión

Gleich am Eingang der Arco gibt es den äußerst gelungenen Sektor "Dialogues", bei dem Galerien Zweierpräsentationen zeigen können. Den Stand der Galerie Instituto de Visión aus Bogota haben der in Bogota lebende Amerikaner Otto Berchem und die Argentinierin Amalia Pica gemeinsam bespielt –  ihre Installation "Mobilize" oszilliert zwischen poetischem Minimalismus und Politkunst.

 

3) "Dialogues": Hélène Delprat und Laure Prouvost bei der Galerie Carlier Gebauer

Überraschend ist auch die Begegnung zwischen der Turnerpreisträgerin Laure Prouvost und der eine Generation älteren Hélène Delprat in der sehr aufwendig gestalteten Koje der Berliner Galerie Carlier Gebauer. Die Installations- und Videokünstlerin Prouvost und die französische Malerin verbindet ein sinnlicher Surrealismus und Sinn für Humor.

 

4) "Special Project": Gordon Matta-Clark bei der Galerie Thomas Schulte

Bei der Arco haben Galerien auch die Möglichkeit, zusätzlichen Raum für "Special Projects" zu bekommen – was nicht wenige für die Präsentation museumsreifer Kunst nutzen. So wie die Berliner Galerie Thomas Schulte, die eine Ausschnitt aus ihrer jüngsten Ausstellung mit Werken aus dem Nachlass von Gordon Matta-Clark zeigt.

 

5) Stand der Galerie Marso aus Mexico City

Die Arco ist traditionell die europäische Kunstmesse mit den besten Verbindungen zu Lateinamerika. Exemplarisch die Präsentation der Galerie Marso aus Mexco City, deren Stand ein perfektes Update der verspielten Lateinamerikanischen Abstraktion in die Gegenwart zeigt, unter anderem mit Skulpturen des Brasilianers Lucas Simões, der Stahl, Beton, Papier und Gold- oder Kupferfarben zu sehr urbanen Objekten verbindet.

 

6) Lili Renaud-Dewar bei der Galerie Emanuel Layr

Die kuratierte Sonderausstellung bei der Arco ist seit Neuestem nicht mehr einem Gastland, sondern einem Thema gewidmet. Die Kuratorinnen Chus Martínez, Elise Lammer und Rosa Lleó haben sich die Zukunft vorgenommen: "What is going to happen is not 'the future' but what we are going to do", so der Titel. Leider sieht die Schau, die auf einer Landschaft aus scheußlich grünen Podesten installiert wurde, eher aus wie die Spielecke bei Ikea. Schade für die Galerien, die dort durchaus gute Arbeiten zeigen. Die Galerie Emanuel Layr hat beispielsweise einen Film von Lili Renaud-Dewar mitgebracht, in dem die Künstlerin die Protestgeschichte der schwarzen Community von Memphis erzählt, wobei Zahntechniker bei der Arbeit und silberfarbene "Grillz" in weißen und schwarzen Mündern eine wichtige Rolle spielen.

 

7) Julius Koller bei der GB Agency

Wer geglaubt hat, dass Rirkrit Tiravanija die Tischtennisplatte in die Galerie gebracht hat, wird bei der Pariser GB Agency eines Besseren belehrt: Sie zeigt eine Präsentation des Slowaken Julius Koller, einer der wichtigsten Persönlichkeiten der osteuropäischen Kunst der 1960er- und 1970er-Jahre. Nachdem zu Zeiten der Niederschlagung des Prager Frühlings auch in der Slowakei alle möglichen Formen der Versammlung verboten wurden, auch in Sportvereinen, lud er zum Tischtennisspiel in die Galerie. Manchmal flogen aber keine Bälle hin und her, sondern Kunsttheorien.