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12 Kunst-Filme, die Sie im April sehen sollten

Unsere Filme im April gehen auf die Jagd nach großer Kunst, entlarven spektakuläre Fälschungen und fragen, was eigentlich passiert, wenn ein Mensch einen anderen malt
 

Das weibliche Bauhaus

Der Fersehfilm "Lotte am Bauhaus" (2019), der gerade wieder in der ARD-Mediathek verfügbar ist, verwandelt die gut erkennbare Biografie der Künstlerin Alma Siedhoff-Buscher in eine ziemlich glatt gebügelte Schmonzette. An der legendären Kunstschule mausert sich die Hauptfigur Lotte Brendel (Alicia von Rittberg) jenseits aller realen Hindernisse am historischen Bauhaus zur Kunstpartnerin von Direktor Gropius und findet zwischen aufsteigendem Antisemitismus, zermürbenden Richtungskämpfen des Schulpersonals und wachsenden Anfeindungen gegen die Bauhäusler zum ultimativen Happy End.

Wer jenseits seichter Unterhaltung mit Bildungs-TV-Anstrich etwas über weibliche Studierende am Bauhaus lernen möchte, dem sei die Dokumentation "Bauhausfrauen" von Susanne Radelhof ans Herz gelegt. Der Film wartet mit faszinierenden Original-Filmaufnahmen auf, verwebt Tagebuch-Eintragungen mit atmosphärischen Fotografien, befragt Nachfahren und erzählt, wie es dazu kam, dass Frauen, obwohl mit ihren Produkten auf dem Markt überaus erfolgreich, allmählich in die Textilklasse zurückgedrängt wurden. Nicht zuletzt begleitet sie mehrere Bauhäuslerinnen über die Machtergreifung der Nazis hinaus auf ihrem Weg ins Vergessen. Manche starben im Bombenhagel, andere in Auschwitz. Die Migration gewährleistete für viele das Überleben, nicht aber die Überwindung der Rollenbilder. Das sind die Dramen, über die es sich zu schluchzen lohnt.

"Lotte am Bauhaus", ARD-Mediathek, bis 7. April

"Bauhausfrauen", MDR-Mediathek, bis März 2022


Der Maler der neuen Heldinnen und Helden

Der US-Maler Kehinde Wiley gehört zu den aufregendsten Künstlern der Gegenwart. Er inszeniert in großformatigen, barockartigen Porträts vor allem afroamerikanische Rap- und Sport-Stars wie Heilige und weltliche Herrscher: selbstbewusst und mit Attributen der Macht. Wileys Bilder beziehen ihre Kraft auch daraus, dass Nachfahren von Sklaven wie deren damalige Herren dargestellt sind. Anderseits spielt der 1977 in Los Angeles geborene Maler ironisch mit der in der Hip-Hop-Kultur verbreiteten Sehnsucht nach Erlöserfiguren und Märtyrern. Seine Verquickung von westlicher Kunstgeschichte und afroamerikanischer Kultur überzeugte auch den Ex-Präsidenten Barack Obama - er ließ sich für die Washingtoner National Portrait Galerie von Wiley malen.

Die PBS-Dokumentation "An Economy Of Grace" begleitet den Künstler 2014 bei der Entstehung einer Serie von Frauenporträts, für die er Modelle auf der Straße in New York castet und opulente Roben anfertigen lässt. Ihre Posen hat sich Wiley von Gemälden aus dem Louvre ausgeliehen, um den oft übersehenen schwarzen Körpern ihren Platz in der Kunstgeschichte zu schaffen. Wie der Maler in der sehenswerten Dokumentation sagt: "Ich schaue mir den Kanon an, und dann stelle ich mir Menschen vor, die aussehen und fühlen wie ich."

"Kehinde Wiley: An Economy Of Grace", bei Amazon Prime



Die Künstlerin und der Dieb

In dem grandiosen Dokumentarfilm "The Painter and the Thief" von Benjamin Ree geht es um eine besondere Freundschaft zwischen einer Künstlerin und dem Mann, der zwei ihrer Bilder aus einer Osloer Galerie gestohlen hat. Beide Figuren sind ungefähr Mitte 30 und wohnhaft in Norwegen. "Herumsitzen kann ich", sagt Bertil Nordland, der Junkie, der Barbora Kysilkova beklaut hat, in ihrer Schuld steht und daher einwilligt, sich von ihr zeichnen und malen zu lassen. Barbora hat ihn vor Gericht angesprochen. Die Malerin fotorealistischer Gemälde wollte den Dieb kennenlernen, der sich an den Raub und Verbleib des Kunstwerks nicht erinnern kann, wie er angibt. Heroin plus Amphetamine, Filmriss.

Der Film ist ein fein gemachtes Doppelporträt und räumt mit dem hartnäckigen Gerücht auf, Dokumentationen würden die (ganze) Wahrheit über ihren Sachverhalt erzählen. Immer wieder dreht Ree die Zeit zurück und erzählt die Geschichte aus einem neuen Blickwinkel. Nichts ist eindeutig in dieser komplexen Geschichte über Kunst, Vergebung und Neuanfänge.

Eine ausführliche Rezension zum Film lesen Sie hier.

"The Painter and the Thief", Arte-Mediathek, bis 27. April


Die Welt im Kopf

Als es 1990 zum Crash auf dem Kunstmarkt kam und die Preise für viele Werke absackten, gelang es dem Maler Julian Schnabel, sich als Regisseur neu zu erfinden: 1996 veröffentlichte er den biografischen Film "Basquiat", für "Before Night Falls" über den kubanischen Schriftsteller Reinaldo Arenas wurde er 2000 für einen Oscar nominiert. Der mehrfach ausgezeichnete Film "Schmetterling und Taucherglocke" über Jean-Dominique Bauby, Chefredakteur der französischsprachigen "Elle", glich 2007 einem zweiten Durchbruch.

Im Film, der auf einer wahren Begebenheit beruht, leidet Bauby nach einem Schlaganfall am Lock-In-Syndrom und kann sich nur noch durch Blinzeln verständigen. Trotzdem beginnt er, seine Geschichte zu erzählen, die Schnabel in traumwandlerische Bilder kleidet.

"Schmetterling und Taucherglocke", auf Mubi



Brennen für die Kunst und für die Liebe

Bei der Online-Berlinale im Februar überzeugte die französische Regisseurin Céline Sciamma mit ihrem neuen Film "Petite Maman" über eine surreale Begegnung eines jungen Mädchens mit ihrer eigenen Mutter in Kindergestalt. Während sich das breite Publikum noch etwas gedulden muss, bis es diese einfühlsame Zeitreise im Kino oder bei Streamingdiensten sehen kann, läuft ihr vorheriges Meisterwerk, der eigenwillige Historienfilm "Porträt einer jungen Frau in Flammen" (2019), nun bei Amazon Prime. 

Darin geht es um die Beziehung zweier ungleicher Frauen. Héloïse, eine Adlige des 18. Jahrhunderts, soll gemalt werden, wehrt sich jedoch mit aller Kraft dagegen. Das Gemälde soll die junge Frau für eine arrangierte Ehe empfehlen; sie selbst wird mit dem Bild sprichwörtlich zu einem Objekt, dass man verpackt und dem heiratswilligen Mann als Kostprobe schickt.

Als Héloïse sich einem ersten Künstler verweigert, engagiert ihre Mutter die Malerin Marianne. Als vermeintliche Gesellschafterin soll sie Héloïse beobachten und das Porträt dann heimlich aus dem Gedächtnis anfertigen. Aus dieser Situation des Verrats entwickelt sich eine Liebesgeschichte, die über das Wesen der Malerei genauso viel zu erzählen hat wie über Frauen in Kunst und Gesellschaft.

Celine Sciamma lässt die ungleichen Frauen Pfeife rauchen, lesen und philosophieren. Sie schildert ihre Solidarität mit einem Kammermädchen, das unfreiwillig schwanger ist und all die hoffnungslosen Verrenkungen der Zeit mitmacht, um das Kind ohne lebensgefährliche Abtreibung loszuwerden. Und sie erzählt eine herzzerreißende, weil unmögliche Liebe zwischen den beiden Hauptfiguren. "Porträt einer jungen Frau in Flammen" ist der erste Historienfilm der Regisseurin – und gleich einer der Spitzenbeiträge dieses Genres.

"Porträt einer jungen Frau in Flammen", Amazon Prime

 

Der Seher F.C. Gundlach

Der Fotograf F.C. Gundlach (geboren 1926 im hessischen Heinebach) prägte mit seinem klaren, unverwechselbaren Stil vor allem die Bildsprache der 1950er-, 60er- und 70er-Jahre. Doch auch heute noch inspiriert er zeitgenössische Künstler wie Andreas Mühe, Wim Wenders oder Kristian Schuller. Berühmt wurde Gundlach vor allem für seine Modefotografie aus Berlin oder Paris. "Ich war ein Märchenerzähler. Ich wusste genau, die Frauen können sich die Mode nicht leisten, aber sie können davon träumen", erinnert er sich.

Daneben schuf er Fotografien, die sich als Sinnbilder des jeweiligen Zeitgeistes begreifen lassen: vom ersten 911er Porsche des Fotografen am Strand von Fanø bis zu Künstlerporträts von Martin Kippenberger oder Romy Schneider. Später begann er seine zweite Karriere als Sammler, Ausstellungsmacher und Kurator. Mit seiner Berufung zum Gründungsdirektor des Hauses der Photographie in den Hamburger Deichtorhallen ging für ihn "ein Traum in Erfüllung". All das bringt Regisseurin Eva Geberding in ihrem Porträt "Meister der Modefotografie" zur Sprache. Ihre detailreiche Dokumentation, für die sie ihre Hauptfigur fünf Jahre lang begleitet hat, ist auch eine Zeitreise durch die Fotografie-Geschichte des letzten Jahrhunderts.

"F.C. Gundlach - Meister der Modefotografie", Arte-Mediathek, bis 7. Mai

 

Ein Meilenstein der Stummfilm-Geschichte

Auf Lulu stürzen sich die Männer wie Motten ins Kerzenlicht. Und sie verbrennen. Aber auch die femme fatale ereilt der vorzeitige Tod, am Ende von Frank Wedekinds Bühnenstück "Die Büchse der Pandora", das von Georg Wilhelm Pabst 1929 verfilmt wurde. Im Zentrum des Stummfilms steht natürlich Louise Brooks – mit der legendären Bubikopffrisur – als Lulu. Wie die Schauspielerin über die Leinwand tanzt, lässt sie ihre Broadway-Vergangenheit bei der "Ziegfeld Follies"-Revue durchschimmern. Bevor sie in Deutschland zum Star wurde, setzte Paramount Brooks vor allem als "Flapper" (die Flatterhafte, die sich über Benimmregeln hinwegsetzt) ein; der deutsche Regisseur Pabst entdeckte sie in einem Howard-Hawks-Film und holte sie nach Berlin.

Auch im tragisch verdüsterten Finale der "Pandora" in London, wenn sich Lulu prostituieren muss und von Jack the Ripper (Gustav Diessl) erstochen wird, überzeugt die Schauspielerin. Und der Film ist auch sonst stark besetzt, mit Fritz Kortner, Carl Goetz und Alice Roberts (als lesbische Gräfin Geschwitz) in weiteren Rollen. Herausragend choreografierte Pabst vor allem die Gruppen- und Massenszenen, darunter die fulminante Varieté-Sequenz und die Prozess-Szene, die in Lulus Flucht aus dem Gerichtssaal mündet.

Trotz des von Wedekind übernommenen Titels "Die Büchse der Pandora" integrierte Pabst auch Handlungselemente des Dramas "Erdgeist", mit dem die "Lulu"-Tragödie beginnt. Insofern ist der Film also eine gestraffte Adaption der fünfaktigen "Lulu", in der Wedekind die beiden 1895 und 1905 veröffentlichten Teile 1913 zusammengeführt hatte. Beim Streamingdienst Mubi zu sehen (und zu hören) ist eine neu restaurierte Fassung mit der Orchesterbegleitung des Komponisten Peer Raben, dessen Score von Salon- und Tanzmusik der 1920er geprägt ist. Fazit: "Die Büchse der Pandora" – unbedingt öffnen!

"Die Büchse der Pandora", auf Mubi

 

Schatzsuche mit George Clooney

Die "Monuments Men" im gleichnamigen Historienfilm sind eine kleine Gruppe aus sieben US-amerikanischen Kunsthistorikern, Kuratoren und Museumsdirektoren, die sich als Sondereinheit der US-Armee in der Endphase des Zweiten Weltkriegs auf den Weg nach Europa machen, um Gemälde, Skulpturen und andere Kunstgegenstände vor den Nazis zu retten. Auf ihrer Suche nach den verschwundenen Kunstwerken kommen sie zuerst durch Frankreich, wo es ihnen gelingt, die Kuratorin der Nationalgalerie, Jeu de Paume, für ihre Jagd zu gewinnen. Danach geht es über Belgien weiter nach Siegen in Deutschland, wo sie in zugemauerten Stollen tonnenweise Kunstschätze und Goldbarren entdecken und schließlich in Altaussee in Österreich die Brügger Madonna von Michelangelo, den Genter Altar von Jan van Eyck und viele weitere Schätze für die Nachwelt sichern.

Das klingt wie ein Heldenepos, und das ist es in gewisser Weise auch. Die "Monuments Men" sind keineswegs ausgedacht, sondern haben wirklich existiert. Die MFAA (Monuments, Fine Arts, and Archives Section) hat es gegeben. Wobei in der Realität viele Hunderte Menschen an den Rettungsarbeiten der Kunstwerke beteiligt waren - und nicht wie im Film nur ein Kleingrüppchen um George Clooney und seinen starbesetzten Anhang aus Matt Damon und Bill Murray. Der Schauspieler Clooney führte auch Regie zu dem Blockbuster, der 2014 zu großen Teilen in den Filmstudios Babelsberg bei Berlin gedreht wurde.

Ja, der Film ist ein klassischer Hollywood-Streifen, in dem die USA, wie so oft, besonders gut wegkommen und sich selbst in der Heldenrolle feiern. Aber als Zuschauer fiebert man mit den Charakteren, man bangt, dass sie es am Ende schaffen, die Schätze in Sicherheit zu bringen. Man betrauert den Tod von gefallenen Kameraden, und man lacht an Stellen, die absurd und komisch dargestellt werden, obwohl es eigentlich nicht viel zu lachen gibt.

"Monuments Men - Ungewöhnliche Helden", auf Netflix



Der letzte Film mit Oscar-Favorit Chadwick Boseman

Ende April werden in Los Angeles (und erstmals pandemiebedingt an weiteren Orten) die Oscars verliehen. Als Favorit auf die Trophäe als bester Hauptdarsteller gilt der im August 2020 verstorbene Chad Bosewick ("Black Panther"). Seine letzte große Rolle spielt er in dem Netflix-Film "Ma Rainey's Black Bottom". Boseman verkörpert einen Jazz-Trompeter in den 1920er-Jahren in Chicago, Viola Davis ist die Blues-Sängerin und Musik-Pionierin Gertrude "Ma" Rainey, die sich mit ihren Produzenten anlegt.

Auf Netflix kann man nun schon einmal selbst die Preiswürdigkeit der schauspielerischen Leistung einschätzen. Auch Viola Davis ist für einen Oscar als beste Hauptdarstellerin nominiert, außerdem könnte "Ma Rainey's Black Bottom" in der Kategorie "Bestes Kostüm" gewinnen.

"Ma Rainey's Black Bottom", auf Netflix


Mein Körper, meine Kunst

Der weibliche Körper wird in der Kunst seit Jahrtausenden dargestellt - die meiste Zeit davon jedoch überwiegend von Männern. Wenn Künstlerinnen öffentlich die Gestaltungsmacht und Deutungshoheit über ihre Körper einfordern, ist das auch heute noch ein Politikum - und der Ursprung von einigen der interessantesten Werke der Kunstgeschichte.

Die etwas ungelenk betitelte Dokumentation "My Body – My Art. Frauen. Körper. Kunst" stellt Künstlerinnen verschiedener Generationen vor, die sich mit Körperlichkeit auseinandersetzen. Zu Wort kommt zum Beispiel die französische Konzeptkünstlerin Orlan (73), die sich mit Schönheitsoperationen selbst zur Skulptur gemacht hat und so die Ansprüche an weibliche Körper auf die Spitze treibt. Auch die Österreicherin Valie Export (80) zählt  mit ihren Performances zu den Pionierinnen der feministischen Kunst und spricht über die Sprengkraft der eigentlich simplen Aussage "Mein Körper gehört mir". 

Aber auch jüngere Künstlerinnen treibt die Frage nach Repräsentation und Identität weiter um - zumal Plattformen wie Instagram neue Regeln definieren, wie ein weiblicher Körper gezeigt werden darf - und wie nicht. Über ihre Praxis und die unterschiedlichen Facetten von Weiblichkeit sprechen die Künstlerinnen Joséphine Sagna, Deborah De Robertis und Annique Delphine. Zu Wort kommt außerdem die Kulturwissenschaftlerin Mithu Sanyal

"My Body – My Art. Frauen. Körper. Kunst", 3-Sat-Mediathek, bis 4. September  


Kapitalismus als Orakel 

Der aktuelle Hype um Kryptowährungen und die globale Finanzwelt haben mehr mit Spiritualität zu tun, als man gemeinhin denken würde. Es geht um Rituale, Prophezeiungen und letztlich an den Glauben an eine Art Erlösung. Mit diesen Verbindungen beschäftigt sich auch die Berliner Künstlerin Sylbee Kim in ihrem meditativen Video-Zyklus "Trinity: Finance-Credo-Spirituality", der gerade bei der Online-Version des Festivals "Spy On Me - New Communities" am Berliner HAU zu sehen ist. In dem psychedelisch angehauchten Film entfaltet sich eine Traumwelt aus scheinbar schlafwandelnden Figuren, die sich nahekommen und wieder verlieren. Das Geschäft schläft hingegen nie. "Weil die Welt ein einsamer Ort ist", sagt eine Stimme aus dem Off.

Bis zum 6. April kann man alle Programmpunkte des Festivals auf der Website des HAU anschauen, empfohlen sei hier noch ein Gespräch mit Kuratorin Legacy Russell über ihr Konzept des "Glitch Feminism".

"Spy On Me  - New Communities", HAU Online, bis 6. April


Wie eine traditionsreiche Galerie sich mit Fälschungen blamierte

Es war ein Paukenschlag, und er versetzte die gediegene New Yorker Kunstszene in einen Schockzustand: Die Galerie Knoedler gab im Dezember 2011 nach 165 Jahren ihre Schließung bekannt, nachdem immer mehr Gerüchte um den Verkauf von Fälschungen laut wurden. Heute wissen wir, dass Knoedler zwischen 1994 und 2011 mindestens 60 Fälschungen von Werken zahlreicher Künstler verkauft – und dabei 80 Millionen Dollar eingenommen hat. Die neue Dokumentation "Made You Look: A True Story About Fake Art" erzählt diese Geschichte auf packende Weise. Im Mittelpunkt steht dabei Ann Freedman, die damalige Leiterin der Galerie, die beteuert, auf ein Betrügerpaar hereingefallen zu sein. Sie hofft, dass sie sich durch ihren Auftritt in diesem Film rehabilitieren kann. Das gelingt allerdings nicht so richtig, zu widersprüchlich sind die Aussagen anderer Zeugen. 

"Ein meisterhafter Betrüger gibt dir das, was du in dem Moment brauchst", sagt Maria Konnikova, die ein Buch über den Fall geschrieben hat. Ann Freedman war nach Meinung dieser Autorin genau in dem Moment ihrer Karriere, in dem sie spektakuläre Deals einfädeln musste. Da hat sie dann vielleicht nicht so genau hingeschaut. 

Die Doku beleuchtet nicht nur die psychologische Seite des Falls, sondern auch die Schwäche des Systems, denn Zweifel um die Echtheit der Ware kamen immer wieder auf, nur aus Angst, selbst wegen Verleumdung verklagt zu werden, sprachen viele nicht darüber.

Der Film vermeidet zum Glück auch die wohlfeile Sympathie mit dem Betrügerpaar selbst. Nein, es hat nicht ihre Verbrechen ausgeübt, um ein System zu "entlarven". Es sind einfach Betrüger. Die Dreistigkeit des verurteilten spanischen Kunsthändlers José Carlos Bergantiños Diaz wird deutlich, als der nach dem Interview dem Filmemacher eine Mundharmonika von Bob Dylan verkaufen will. So ein Schlitzohr!

"Made You Look: A True Story About Fake Art", auf Netflix