Es ist eine der großen Überraschungen in der neuen CDU/FDP-Regierung Nordrhein-Westfalens: Die Kultur bekommt nicht nur wieder einen prominenten Platz am Kabinettstisch, sondern mit der neuen Kultur- und Wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen auch eine gewichtige Stimme.
Als "Superpersonalie" wird die parteilose bisherige Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder in der Kulturszene gelobt. "Sie verkörpert Kultur", heißt es in Museumskreisen über die 63-Jährige Pfeiffer-Poensgen, die wie der neue Ministerpräsident Armin Laschet aus Aachen kommt. Und der einflussreiche NRW-Kulturratsvorsitzende Gerhart Baum erklärte: "Dies ist eine gute Wahl." Sie habe nicht nur vielfältige Beziehungen nach NRW, sondern bringe auch ihre Erfahrungen in der Bundespolitik ein.
In der abgewählten rot-grünen Vorgängerregierung war die Kultur als Anhängsel in das Familien-, Kinder-, Jugend- und Sportministerium verbannt worden. Dass die Kultur buchstäblich "fünftes Rad am Wagen" war und oft auch so behandelt wurde, stieß in der stolzen Kunst- und Kultur-Szene des Landes immer wieder bitter auf. So fiel am Mittwoch bei der Vorstellung des neuen Kabinetts dann auch sogleich auf, dass Laschet die Kultur noch vor der Wissenschaft als künftige Ressortbereiche Pfeiffer-Poensgens nannte.
Schon seit 2004 ist die Juristin Pfeiffer-Poensgen Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder, und in dieser Funktion hat sie nicht nur bundespolitisch Einfluss, sondern auch einen Überblick über alle Kulturbereiche. Kernaufgabe der föderalen Stiftung ist es, Ankäufe von Kunst für öffentliche Sammlungen wie Museen und Bibliotheken zu bezuschussen. Auch auf dem schwierigen Feld der NS-Raubkunst besitzt Pfeiffer-Poensgen als Vorsitzende des Kuratoriums des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste Expertise.
Zuvor war die charismatische Frau mit den langen blond-grauen Haaren unter anderem Kulturdezernentin in ihrer Geburtsstadt Aachen. Pfeiffer-Poensgen ist weit vernetzt: Sie gehört Gremien des Sparkassen-Kulturfonds, des Deutsch-Französischen Kulturrats und der Kulturstiftung des Bundes an.
Die neue Ministerin hatte von ihrem bisherigen Sitz in Berlin durch ihr Amt immer auch mit NRW zu tun. Ihre Stimme erhob Pfeiffer-Poensgen, als der Casino-Betreiber Westspiel in New York zwei millionenschwere Bilder von Andy Warhol versteigern ließ, um damit seine Bilanz zu sanieren. Die Warhols hatten jahrelang im Aachener Spielcasino gehangen. Pfeiffer-Poensgen nannte den Verkauf leichtfertig und bedauerte, dass die Bilder nicht einem NRW-Museum übergeben wurden.
Als das Land NRW nach massiven Protesten aus der Kultur die Kunstsammlung der ehemaligen WestLB vor dem Verkauf durch die Abwicklungsbank Portigon rettete, war Pfeiffer-Poensgen zur Stelle: Sie gehört dem Kulturfachlichen Beirat an, der Empfehlungen abgab, welche der Kunstwerke das Land übernehmen soll und wie diese dann öffentlich zugängig gemacht werden.
Als neue Ministerin übernimmt Pfeiffer-Poensgen nun selbst Verantwortung für Kunst im direkten und indirekten Landesbesitz. Und sie kann mit einer besseren Finanzausstattung rechnen: Die CDU will den Landeskulturetat im Laufe der Legislaturperiode von derzeit gut 200 Millionen Euro um 50 Prozent anheben - zehn Prozent pro Jahr.