Top-Ausstellungen

Wohin im Januar? Höhepunkte zum Jahresbeginn

Zehn Ausstellungshinweise aus der Monopol-Redaktion, diesmal für Köln, Hamburg, Frankfurt, Düsseldorf, Dresden, Bonn, Berlin, Nürnberg, Leverkusen und Krefeld

 

Leiko Ikemura „Face Scape“: Im Werk der japanischen Malerin durchdringen sich Realität und Imagination, Mensch und Natur, das Flüchtige und das Dauerhafte. Die umfangreiche Soloschau in der Galerie Karsten Greve präsentiert auch Skulpturen und Fotoarbeiten der vielseitigen Künstlerin, doch im Mittelpunkt stehen die auf die Seite gelegten Gesichter, rotglühende Porträts, die Ikemuras zunehmendes Interesse am individuellen Ausdruck belegen. Trotz der im Gegensatz zu früheren Arbeiten markanteren Mimik der Gesichter scheinen die Köpfe dennoch an der Schwelle einer Verwandlung zu stehen. Sie wirken wie irreale Landschaften aus irisierenden, ineinanderfließenden Farben. Galerie Karsten Greve, Köln, bis 6. Februar

  

„Wo ist der Wind, wenn er nicht weht?“: Die Bildergeschichte ist die demokratischste aller Kunstformen, weil jeder sie lesen und verstehen kann. Der Kunstverein Hamburg gibt einen vielschichtiger Einblick in die Tradition „politischer Bildergeschichten von Albrecht Dürer bis Art Spiegelman“, wie es im Untertitel heißt. Die umfangreiche Schau beginnt mit Beispielen aus dem 15. Jahrhundert, also der Zeit des frühen Buchdrucks, der den Boden für die Aufklärung bereitete. Zwischen „hoher“ Kunst und Populärkultur wird in der Ausstellung kaum unterschieden. Über 100 Gestalter und Künstler sind vertreten, darunter Mathilde ter Heijne, Stefan Marx oder Raymond Pettibon. Kunstverein Hamburg, bis 14. März


Peter Roehr „Werke aus Frankfurter Sammlungen“: Peter Roehr wollte jede Emotion in seinem Werk vermeiden, für das er nur fünf Jahre Zeit hatte, bevor er 1968 an Krebs starb. In seinen Montagen verschrieb er sich dem Prinzip der Serie, indem er identische Bausteine aneinanderreihte, Film- und Tonschnipsel im Loop laufen ließ oder immer gleiche Etiketten, Fotografien oder Gegenstände zu Rechtecken ordnete. Inzwischen stürzt sich ein Heer von neoformalistischen Künstlern auf seine Pioniertaten. Vielleicht stimmt es doch: Die auf zwei Museen verteilte Überblicksschau zeigt, wie spannend Monotonie sein kann. MMK und Städelmuseum, Frankfurt, bis 7. März


„Eating the Universe: Vom Essen in der Kunst“:
Mit Essen spielt man nicht, was Peter Kubelka aber – bis 2000 Professor für Film und Kochen (!) an der Frankfurter Städelschule – immer schon herzlich egal war. Sein Credo „Kochen ist die älteste bildende Kunst“ prägt auch die Düsseldorfer Ausstellung mit dem Untertitel „Vom Essen in der Kunst“. Neben erlesenen Eat-Art-Klassikern von Daniel Spoerri, Joseph Beuys, Paul McCarthy oder Dieter Roth tischen jüngere Künstler Arbeiten vonBulimie (Elke Krystufek) über Butter (Sonja Alhäuser) zum Brot (Jana Sterbak) auf. Mika Rottenberg verschränkt moderne Konsumwelt und vorindustrielle Produktionsbedingungen im absurden Setting der Videoinstallation „Dough“ miteinander. Kunsthalle Düsseldorf, bis 28. Februar


"RECORD > AGAIN! 40 Jahre Videokunst, Teil 2": Künstler, die mit Analogvideo gearbeitet haben, können ein Lied davon singen: Wer nicht alle paar Jahre die Bänder umkopiert hat, kann das verklebte, teils aufgelöste Material wegwerfen. Die vom ZKM initiierte Ausstellung zu 40 Jahren Videokunst – nun wird im Kunsthaus Dresden die zweite Ausgabe gezeigt – ist Teil eines übergeordneten Projekts, das sich um die Vermittlung und Restaurierung dieser Kunstform kümmert. Die Präsentation auf historischen Geräten hat auch eine designgeschichtliche Dimension. Zu sehen sind der Boxkampf, den Joseph Beuys 1972 auf der Documenta 5 veranstaltete, eine nahezu unbekannte Arbeit von Ulrike Rosenbach und Klaus vom Bruch, Videowerke von Bazon Brock, Flatz, Nan Hoover, Dieter Roth und 50 anderen. Kunsthaus Dresden, bis 14. Februar

 

Julian Rosefeldt „American Night“ (Filminstallationen 2004-2009): Das Mainstream-Kino wird dafür geliebt, dass es lügt. Rosefeldt dekonstruiert die Kinomythen und Erzählkonventionen, ohne dass sich der Zauber dieses barocken „theatrum mundi“ ganz verflüchtigt. Die Fünfkanalinstallation „American Night“ wurde vom Kunstmuseum Bonn mitproduziert. Zentrale Motive des Westerns, vom Lagerfeuer bis zur wartenden „Frontier Wife“, werden reflektiert; zugleich legt der deutsche Künstler den Produktionsprozess des schönen Scheins frei – und verdeutlicht ihre Instrumentalisierung durch die (Bush-)Politik. Außerdem sind Rosefeldts Installationen „The Soundmaker“, „Lonely Planet“ und „Ship of Fools“ zu sehen. Auf dem „Narrenschiff“ treibt die deutsche Befindlichkeit einer ungewissen Zukunft entgegen. Kunstmuseum Bonn, bis 17. Januar

 

Jake & Dinos Chapman „Shitrospective“: Papier, Pappe, Plakatfarbe: Haben sich Jake & Dinos Chapman ihr neues Arbeitsmaterial aus dem Kindergarten geklaut? Inhaltlich geht es in der „Shitrospektive“ der britischen Krawallbrüder – wie gehabt – wenig unschuldig zu. In der Berliner CFA-Galerie reinszenieren sie nicht nur die wichtigsten Skulpturen und Installationen ihrer bisherigen Laufbahn en miniature, darunter Titel wie „Sex“, „Uebermensch“ und „Little Death Machines“; das Künstlerpaar erinnert auch an Begebenheiten wie den Brand des Kunstlagers Momart, in dem die Urversion ihrer Installation „Hell“ in Flammen aufging. Aus Künstlerpech wird ein Pappmodell. Shit happens. Die Brüder machen was draus. Contemporary Fine Arts, Berlin, bis 30. Januar

  

Juergen Teller „Logisch!“: In den 90ern fing seine Kamera Ikonen wie Kristen McMenamy, Kate Moss oder Claudia Schiffer ein. An den sonst so perfekten Oberflächen kratzte der unkonventionelle Fotograf – und er bewies, dass ungeschminkte Haut, erschöpfte Models, gelockerte Posen oder privates Umfeld viel interessanter sind als schierer Glamour und üppige Kulissen. Neben einer konzentrierten Auswahl früherer Bilder stehen neue Serien im Zentrum der Teller-Schau in der Kunsthalle Nürnberg. Bühne frei für Elisabeth von Thurn und Taxis – die in alten Kleidern ihrer Mutter Gloria auftritt –, für die Schauspielerin Charlotte Rampling und das Supermodel Raquel Zimmermann. Kunsthalle Nürnberg, bis 14. Februar


„Slow Paintings“: Im Museum Morsbroich wird die Malerei als komplexes Ritual zelebriert, angefangen mit den zeitaufwendigen Farblasuren eines Ad Reinhardt und den Langzeitprojekten von Roman Opalka und On Kawara, die den Bildbegriff zur Serie, die Lebenszeit aufbraucht, erweitert haben. Jonathan Monk dagegen differenziert den Malakt mittels Outsourcing – an geografisch weit voneinander entfernte Spezialisten. Die Theorie der Langsamkeit, die in Leverkusen mit über 60 Werken von 32 Künstlern entwickelt wird, postuliert den (eher verborgenen) konzeptuellen Kern in einer vielfach sinnlich-körperlichen Schale. Dass Michel Majerus, Fabian Marcaccio oder Corinne Wasmuht plötzlich als „Slow Painters“ bezeichnet werden können, dämmert langsam, aber sicher. Museum Morsbroich, Leverkusen, bis 7. Februar


Karin Kneffel „Haus am Stadtrand“: Das Museum Haus Esters war ursprünglich eine von Ludwig Mies van der Rohe erbaute Villa. Wie vor ihr andere Künstler – etwa Eric Fischl mit seinem viel beachteten „Krefeld Project“ – reagiert auch die Malerin Karin Kneffel direkt auf das denkmalgeschützte Wohnhaus. In ihren Adaptionen mischen sich konkrete Innenräume mit fantastischen Fragmenten, das verhalten Unheimliche der Szenerien wird dadurch gesteigert, dass Kneffel den Betrachter vielfach eine Voyeursperspektive einnehmen lässt. Mit Präzision bildet Kneffel Flure, Zimmer, Mobiliar und Dekor ab. Deutsche Gemütlichkeit sieht anders aus. Museum Haus Esters, Krefeld, bis 17. Januar