Chiharu Shiota in Berlin
Ein Schüler übt im Schreibunterricht immer nur einen einzigen Buchstaben: den ersten des Alphabets, das Alif. Nach Jahren, der Lehrer hat ihn längst vergessen, kommt er ins Klassen zimmer und sagt: Ich glaube, ich hab’s. Er zeichnet den Buchstaben an die Tafel, die daraufhin zerbricht und mit ihr die Wand des Zimmers. Diese Sufi-Lehrgeschichte über die Macht der Wiederholung steht am Anfang einer begehbaren Installation der japanischen Künstlerin Chiharu Shiota. Den von ihr entworfenen Raum werden der Berliner Elektronikmusiker Stefan Goldmann und der palästinensisch-israelische Komponist Samir Odeh-Tamimi gleichzeitig auf sehr unterschiedliche Weise bespielen: Goldmann mit seriellen Klängen im Geiste des Techno, Odeh-Tamimi mit expressiven Klangausbrüchen, dargeboten vom der Vokalistin Salome Kammer und dem Zafraan-Ensemble. Das Publikum kommt und geht bei der mehrstündigen Aufführung wie bei einer Kunstausstellung. Und wartet auf das Splittern der Wände.
"alif: :split in the wall", MaerzMusik, Radialsystem V, Berlin, 18. bis 20. März
Alessandro Twombly in Berlin
Die Berliner Galerie Aurel Scheibler zeigt von Samstag an neue Skulpturen des italienischen Künstlers Alessandro Twombly. Der 1959 geborene Künstler und Sohn von Cy Twombly beschäftigt sich in seinen bildhauerischen und malerischen Arbeiten mit der Frage nach der Verbindung zwischen Natur und Kunstwerk. Die Skulpturen in der Ausstellung "Five Sculptures" erinnern an organische Gebilde, Fossilien, korallenartige Strukturen oder eingefrorene Lavablasen. Sie verkörpern jedoch keine real existierenden Objekte, sondern haben die unsichtbaren Kräfte der Natur zum Thema. Twombly bezieht sich in seiner skulpturalen Arbeit auf den in der Natur vorkommenden ständigen Transformationsprozess, der dem Wachstum, Entfalten, Hervorbringen und Existieren zugrunde liegt.
"Alessandro Twombly: Five Sculptures", Aurel Scheibler, Berlin, 19. März bis 22. April, Eröffnung am Freitag, den 18. März um 19 Uhr
Lee Miller in Berlin
Vom Surrealismus zur Sachlichkeit. Der Berliner Martin-Gropius-Bau zeigt von Samstag an das Werk der amerikanischen Fotografin und Kriegsreporterin Lee Miller (1907-1977). Erst nach Lees Tod entdeckte ihre Familie auf dem Dachboden des Hauses 60.000 Negative. Die Schau zeigt 100 ausgewählte Aufnahmen, die Lees Lebensstationen von New York, Paris und Ägypten bis nach Deutschland nachzeichnen. Lee war Muse und Partnerin des Surrealisten Man Ray und gilt als Pionierin der Kunstfotografie. 1942 ließ sie sich als Kriegskorrespondentin akkreditieren. Ihre Fotos von der Befreiung der Konzentrationslager Dachau und Buchenwald gingen um die Welt. (dpa)
"Lee Miller – Fotografien", Martin-Gropius-Bau, Berlin, 19. März bis 12. Juni
Franka Hörnschemeyer in Berlin
Die deutsche Installationskünstlerin Franka Hörnschemeyers befasst sich in ihren Arbeiten mit der Wirkung des Raums auf unsere Wahrnehmung. Zu ihren bekanntesten Werken gehört "BDF – bündig fluchtend dicht", eine Installation aus gitterartigen Schalelementen in einem Innenhof des Berliner Paul-Löbe-Hauses, einem Bürogebäude des Deutschen Bundestages. Hörnschemeyer analysiert und verändert in ihren Projekten meist vorgefundene Räume mit skulpturalen Mitteln. Die entstehenden Arbeiten sind begehbare Installationen, die oft an Labyrinthe erinnern. Für die von der Künstlerin Susanne Schuricht und dem Architekten Karsten Schubert ins Leben gerufene Ausstellungsreihe "Room In Room" hat Franka Hörnschemeyer jetzt in der ehemaligen Jüdischen Mädchenschule in Berlin-Mitte eigens drei neue Arbeiten realisiert.
"Room in Room: Franka Hörnschemeyer", Grüntuch Ernst Lab, ehemalige Jüdische Mädchenschule, Berlin, 19. März bis 21. Mai, Eröffnung am Freitag, den 18. März ab 18 Uhr
Selfie-Schau in Burgrieden
Justin Bieber tut es, Barack Obama auch - Bilder von sich selbst schießen und ins Netz stellen. Das Museum Villa Rot in Burgrieden (Kreis Biberach) widmet sich mit einer ganzen Ausstellung dem Selfie-Wahn. Allein 25 Millionen Deutsche inszenieren und porträtieren sich demnach mit ihrem Smartphone. Die Schau "Me, Myself and I - Selbstdarstellung im digitalen Zeitalter" geht dem popkulturellem Massenphänomen auf den Grund. "Vielen Menschen ist die Kamera zum dritten Auge geworden. Mit diesem Auge zu sehen heißt zugleich gesehen werden", so das Museum. Zu sehen gibt es ab Sonntag mehr als 90 Selfie-Werke - vom Affen-Selbstporträt bis zum Schnappschuss von den Dächern Hongkongs - und als Kontrast 45 Ölmalereien des holländischen Malers Philip Akkerman, der sich seit mehr als 35 Jahren selbst porträtiert. (dpa)
"Me, Myself and I - Selbstdarstellung im digitalen Zeitalter", Museum Villa Rot, Burgrieden, 20. März bis 19. Juni
Markus Lüpertz in Duisburg
Einen Blick auf fünf Jahrzehnte im Schaffen des Künstlers Markus Lüpertz (74) wirft eine Ausstellung in Duisburg. Von Freitag ist im Museum Küppersmühle eine Schau mit mehr als 80 Werken von Lüpertz aus der Sammlung Ströher zu sehen. Der Titel "Kunst, die im Wege steht" erinnert an eine der ersten Präsentationen des Künstlers im Jahr 1966 in Berlin. Der Fokus der Schau mit Werken von den 60er Jahren bis 2002 liegt auf großformatiger Malerei. Die 15 Meter lange und aus 20 Teilen bestehende "Lüpolis"-Arbeit wird erstmals gezeigt. "Es ist immer wieder ein Abenteuer, wenn man seine frühen Bilder sieht", sagte Lüpertz am Donnerstag in Duisburg. "Ich mag die Bilder voll und ganz." "Malerfürst" Lüpertz löste in jüngster Zeit vor allem mit seinen nicht den gängigen Schönheitsidealen entsprechenden Skulpturen im öffentlichen Raum wie etwa dem Beethoven-Denkmal heftige Reaktionen aus. Auf Kritik reagierte er gelassen: "Ich bin ein Mensch, der das Beste gibt und sich dann wundert, dass die Leute nicht alle Bravo rufen." Die Ausstellung wird vom 9. Juli bis 23. Oktober auch im ZKM in Karlsruhe gezeigt. (dpa)
"Markus Lüpertz: Kunst, die im Wege steht", Museum Küppersmühle, Duisburg, bis 29. Mai
Liz Magic Laser in Göttingen
Ausweis bitte! Beim (englischen) Titel des Solos von Liz Magic Laser zucken manche bereits leicht zusammen. Im Kunstverein Göttingen präsentiert die 1981 in New York geborene Künstlerin seit 2012 entstandene Werke. Sie streifen Themen wie Überwachung, Manipulation und soziale Kontrolle. "Kiss and Cry", die neueste Videoarbeit, zeigt Kinder, die beim Eiskunstlauftraining fit für Wettkämpfe gemacht werden. In "The Thought Leader" präsentiert sich ein Junge im Format sogenannter TED-Konferenzen, in denen Fachleute ihre Ideen persönlich, ansprechend und in knappem Zeitraum vortragen. Der Text des Kleinen stammt indes aus dem Dostojewski- Roman "Aufzeichnungen aus dem Kellerloch".
"Liz Magic Laser: Identification Please", Kunstverein Göttingen, bis 15. Mai
Tomi Ungerer in Essen
Über 170 überwiegend unveröffentlichte Collagen, Zeichnungen und Plastiken des Grafikers und Kinderbuchzeichners Tomi Ungerer zeigt das Museum Folkwang von diesem Freitag an in Essen. Die Ausstellung mit dem Namen "Tomi Ungerer. Incognito" umfasst Werke aus fünf Jahrzehnten. Für die Ausstellung wurden in Abstimmung mit dem Künstler einige Zeichnungen und Collagen aus seinem Archiv ausgewählt. Der 84-jährige Autor, Zeichner und Grafiker gehöre zu den international renommiertesten Schöpfern von Büchern, teilte das Museum am Donnerstag mit. (dpa)
"Tomi Ungerer. Incognito", Museum Folkwang, Essen, bis 16. Mai
"Die Kräfte hinter den Formen" in Krefeld
Der Mensch dominiert die Umwelt, wird heute oft behauptet. Eine These, die immer dann auf dem Prüfstand steht, wenn die Erde bebt, Vulkane ausbrechen oder andere Naturgewalten die humane Spezies in die Schranken weisen. Eine Gruppenschau in den Krefelder Museen Haus Lange und Haus Esters widmet sich laut ihrem Untertitel Themenfeldern wie "Erdgeschichte, Materie, Prozess in der zeitgenössischen Kunst". Die zwölf in der Ausstellung vertretenen Künstler, darunter Nina Canell, Julian Charrière, Olafur Eliasson, Per Kirkeby und Giuseppe Penone illustrieren nicht bloß Naturphänomene, vielmehr nutzen sie das Transformationspotenzial von Materialien, um in gesellschaftliche und geistige Dimensionen vorzudringen.
"Die Kräfte hinter den Formen", Museen Haus Lange und Haus Esters, Krefeld, bis 31. Juli
Giorgio de Chirico in Stuttgart
Er gilt als ein Taktgeber der europäischen Kunst des 20. Jahrhunderts, doch sein Name ist nicht so geläufig: Die Staatsgalerie Stuttgart widmet dem Maler und Grafiker Giorgio de Chirico (1888-1978) von diesem Freitag an eine Sonderschau. Der in Griechenland geborene Italiener habe einen "richtungsweisenden Einfluss" auf die nachfolgenden Künstlergenerationen in Europa ausgeübt. "Diese Ausstellung wird seinen Einfluss auf die künstlerische Avantgarde seiner Zeit einem breiten Publikum näher bringen", kündigte Direktorin Christiane Lange an. Als eines der wenigen Museen in Deutschland besitzt die Staatsgalerie mit "Metaphysisches Interieur mit großer Fabrik" ein Meisterwerk de Chiricos. 100 Jahre nach seiner Entstehung bildet es den Ausgangspunkt der Ausstellung "Giorgio de Chirico - Magie der Moderne", die rund 100 Gemälde, Zeichnungen und Druckgrafiken zeigt. Schlüsselwerke des Italieners treffen auf Gemälde und Zeichnungen von Künstlern des Dadaismus, Surrealismus und der Neuen Sachlichkeit. So offenbart sich der Einfluss von de Chirico auf Künstler wie René Magritte, Salvador Dalí, Max Ernst oder George Grosz. (dpa)
"Giorgio de Chirico - Magie der Moderne", Staatsgalerie Stuttgart, bis 3. Juli