Tipps und Termine

Wohin am Wochenende?

Ed Atkins in Amsterdam
Die digitalen Geschöpfe von Ed Atkins sehen manchmal aus wie besoffene Hooligans. Dabei sind sie meist melancholische Denker, aus denen sich endlose Reflexionskaskaden ergießen, die der Form nach an den stream of consciousness in James Joyce’ "Ulysses" erinnern, aber inhaltlich oft thematisch zugespitzt sind: Der 1982 geborene britische Künstler ist fasziniert vom Verhältnis der digitalen Medien zu Leben und Tod – und von der Frage, wie sehr wir uns von einem Avatar, der sich vom Bildschirm aus an uns wendet, in den Bann schlagen lassen, obwohl es sich bei ihm doch nur um eine auf binären Codes beruhende Illusion handelt. Atkins spricht seine Texte selbst, er komponiert den Soundtrack und erzeugt High-Definition-Bilder – doch immer huschen Stör- und Täuschungsmanöver über den Monitor oder die Leinwand, Satzfragmente oder Kratzer, als sei es ein Film auf Zelluloid. Seine Installationen sind mitunter raumgreifend, aber im Stedelijk Museum müssten 1100 Quadratmeter genügen, um die Videos, Collagen und Zeichnungen der Ausstellung zu fassen. Die neue Direktorin, Beatrix Ruf, hat bereits in Zürich bewiesen, wie gut sie Atkins’ Arbeiten kennt; nun richtet sie ihm seine erste Einzelschau in den Niederlanden ein. Insbesondere dürfte der digitale Glatzkopf, der in der mehrteiligen Videoarbeit "Ribbons" (2014) an der Bar rauchend und trinkend über Gott und die Welt sinniert und singt, das Publikum packen. (hl)
"Ed Atkins – Recent Ouija", Stedelijk Museum, Amsterdam, 21. Februar bis 31. Mai

Camille Henrot in Münster
Für den Film "Grosse Fatigue" bekam Camille Henrot auf der Venedig-Biennale von 2013 den Silbernen Löwen als beste Nachwuchskünstlerin. Mit dem jetzt im Westfälischen Kunstverein in Münster vorgestellten Projekt "The Pale Fox" entwickelt die französische Künstlerin "Grosse Fatigue" weiter. In einem Display lässt sie verschiedene Kulturen, Praktiken und Wissenschaften aus der Geschichte auftreten, die sich das (utopische) Ziel gesetzt haben, das gesamte menschliche Wissen in einem einzelnen Objekt oder Theorem zu versammeln. Mehr als 400 Fotografien, Tuschezeichnungen, Diagramme, Bronzeskulpturen, Bücher und Artefakte präsentiert die Künstlerin auf Aluminium-Wandregalen. Wobei der "Pale Fox", der Blassfuchs aus der Mythologie einer westafrikanischen Volksgruppe, für Unordnung und Chaos steht, zugleich aber für Entstehung und das Werden. Unordnung, meint Henrot, wohnt jedem System inne – als notwendige Bedingung.
"Camille Henrot: The Pale Fox", Westfälischer Kunstverein, Münster, 21. Februar bis 10. Mai

Vivian Maier in Berlin
Über ihr Leben ist kaum mehr bekannt, als dass Vivian Maier 1926 in New York zur Welt kam und ab den 50er-Jahren in Chicago als Kindermädchen arbeitete. Bis 1990 machte Maier mehr als 100.000 Fotos in Chicago, New York und Frankreich, die sie zu Lebzeiten jedoch niemandem zeigte. Das Konvolut lagerte zusammen mit anderem Besitz bei einer Spedition und wurde verkauft, als Maier die Gebühren nicht mehr zahlen konnte. 2007 stieß der Stadthistoriker John Maloof bei einem Auktionshaus in Chicago auf eine Schachtel Negative unbekannter Herkunft – und leitete so die Entdeckung dieser einmaligen Fotografin ein. 120 Bilder sind nun in Berlin zu sehen - die erste Ausstellung in Deutschland!
Willy-Brandt-Haus, bis 12. April

Liu Xia in Berlin
Liu Xia, die Frau des inhaftierten Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo, gilt als eine der ungewöhnlichsten Künstlerinnen Chinas. Der Martin-Gropius-Bau in Berlin widmet der 53-Jährigen jetzt eine Ausstellung mit rund 50 Werken aus ihrem fotografischen Oeuvre - vor allem rätselhafte, oft verstörende Puppenbilder. Museumschef Gereon Sievernich sagte vor der Eröffnung am Freitag, die Arbeiten seien voller Anspielungen auf die repressive Situation, in der sich die Menschen in China befänden. "Die Bilder drücken eine Sehnsucht aus, sie spiegeln etwas, was man in China nicht sagen darf." Liu Xia steht in Peking seit 2010 unter Hausarrest, nachdem die Vergabe des Friedensnobelpreises an ihren Mann bekannt wurde. Laut Sievernich versteht sich die Künstlerin selbst als unpolitisch. Dennoch ist sie in China verfemt, ihr Werk ist verboten. Die Fotos in der Ausstellung wurden von im Westen lebenden Freunden als Negative zur Verfügung gestellt. Liu Xias Mann, schon zuvor mehrfach inhaftiert, war 2009 wegen angeblicher Untergrabung der Staatsgewalt zu elf Jahren Gefängnis verurteilt worden. Er hatte das liberale Bürgerrechtsmanifest Charta 08 mit verfasst. (dpa)
Martin-Gropius-Bau, bis 19. April

DDR-Malerei in Cottbus
Nach der Außen- jetzt die Innensicht: Das Cottbuser Dieselkraftwerk eröffnet am Freitag den zweiten Teil seiner Ausstellung "Weltenwechsel". "Der Blick nach Innen" zeigt Stillleben und Aktmalerei aus DDR-Zeiten und heute von Künstlern wie Lothar Böhme, Johannes Heisig und Jürgen Wenzel. Bislang war der Ausstellungsteil "Der Blick nach Außen" gezeigt worden. Jetzt gehe es um die Rückwendung ins Private, wie das Kunstmuseum mitteilte. Bis zum 12. April ist die Schau zu sehen, danach soll sie nach Reutlingen in Baden-Württemberg kommen. Sie hat zum Ziel, das teils subversive Potenzial der Malerei in der späten DDR zu verdeutlichen. Ein Teil der Exponate stammt von dem Reutlinger Sammler Siegfried Seiz. (dpa)
"Weltenwechsel. Sammlung Seiz: Figürliche Malerei aus dem letzten Jahrzehnt der DDR und heute", Kunst.Museum.Dieselkraftwerk, Teil 2: 20. Februar bis 12. April

Meisterwerke des Postimpressionismus in Hamburg
Unter dem Titel "Verzauberte Zeit" zeigt die Hamburger Kunsthalle Werke des Postimpressionismus. Die rund 200 Werke, darunter 110 Gemälde von Künstlern wie Paul Cézanne, Vincent van Gogh, Pierre Bonnard, Félix Vallotton und Henri Matisse stammen aus der Sammlung des Schweizer Ehepaares Arthur und Hedy Hahnloser-Bühler aus Winterthur, die zum ersten Mal in Deutschland zu sehen ist. "Dank des intensiven Austauschs mit den Künstlern erlangten sie ein tiefes Verständnis für deren künstlerische Ziele und wurden zu leidenschaftlichen und äußerst fachkundigen Sammlern ihrer Werke", sagte Kurator Daniel Koep am Donnerstag in Hamburg. Da das Museum "Villa Flora" wegen kommunaler Sparmaßnahmen vorübergehend geschlossen ist, konnte die Sammlung zum ersten Mal auf Reisen gehen. (dpa)
"Verzauberte Zeit", Hamburger Kunsthalle, 20. Februar bis 16. August

Gerald Domenig in Frankfurt
Nur im Gefängnis könnte es noch leichter sein, eine Ausstellung zu machen, scherzt Gerald Domenig: Während sich in seinem Frankfurter Atelier Zeichnungen und Fotografien stapeln, biete neben der Zelle nur das Museum die Chance, eine Auswahl zu treffen. Weil sich der gebürtige Österreicher aber schwer entscheiden kann, baut er während seiner Ausstellung im Frankfurter Museum für Moderne Kunst (MMK 1) die Präsentation permanent um. "Ausstellungsvorbereitung" heißt die Schau daher passenderweise. Das MMK hat für Domenig (Jahrgang 1953) das zweite Stockwerk des Haupthauses frei geräumt. Rund 100 Fotos und etwa 150 Zeichnungen sind zu sehen. "Thematische Offenheit und formale Strenge" kennzeichnen nach Einschätzung von Kurator Klaus Görner Domenigs Werk. Häufig fotografiert er Serien: zusammengeknüllte, fliegende, kurios aufgehängte Mäntel oder leere Kartons, Hausecken. Viele Bilder erzählen von Abwesenheit, etwa die Kontur eines abgerissenen Hauses an der Nachbarwand. In seinen Zeichnungen versucht Domenig, "die Bilder flach zu machen", wie er am Donnerstag erklärte. In Vitrinen entlang der Fotostrecken warten sie nun auf ihre Auswechselung. (dpa)
"Ausstellungsvorbereitung", Museum für Moderne Kunst, MMK 1, 21. Februar bis 31. Mai, Eröffnung: Freitag, 20. Februar, 19 Uhr

Urbane Utopien in Herford
Wenn Künstler Häuser gestalten, entstehen keine Künstler-Häuser, sondern Utopien urbanen Lebens, die den Betrachter zum Staunen bringen. Das zeigt die Ausstellung "(un-)möglich! – Künstler als Architekten" im Museum Marta in Herford. 165 Modelle, Zeichnungen, Fotografien, Wandbilder, Skulpturen und Installationen haben die Ausstellungsmacher zusammengetragen, darunter Werke so namhafter zeitgenössischer Künstler wie Thomas Schütte und Gregor Schneider. Schneider ist mit einem der Räume aus dem «Haus Ur» angereist, der aus einzelnen Modulen zu einem klaustrophobisch kleinen Kubus von fünfeinhalb Quadratmetern zusammengesetzt wurde. Andere Exponate sind eigens für die Ausstellung entstanden, wie etwa eine sechs Meter hohe Behausung aus Styroporplatten des koreanischen Künstlers Dai Goang Chen. Sie sieht aus wie ein riesiger Eisberg und kann durch einen schmalen Gang von den Besuchern erkundet werden. (dpa)
"(un-)möglich! – Künstler als Architekten", MARTa Herford, 21. Februar bis 31. Mai, Eröffnung: Freitag, 20. Februar, 19.30 Uhr


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