Meisterschüler-Ausstellung in Berliner Galerie Arndt

Was passiert, wenn niemand zusieht

Womit beschäftigen sich Künstler, die gerade von der Hochschule kommen? Die Galerie Arndt präsentiert in einem neuen Teil der Ausstellungsreihe "Berlin Masters" Arbeiten von Meisterschülern

Kunst und Esoterik haben eine Sache gemeinsam. Damit es funktioniert, muss man bei beidem daran glauben, dass es funktioniert. Ein esoterisches Beispiel: Der schwarze Turmalin ist ein Edelstein, der gegen negative Energien wirkt. Wenn man daran glaubt. So einen Stein hat Martin Maeller gemahlen, und zu einem Stab gegossen. Der liegt nun unscheinbar auf dem Boden im letzten Raum der Ausstellung "Berlin Masters" in der Galerie Arndt. 

Die unbetitelte Arbeit ist aus dem Jahr 2015, wie fast alle Werke in der von Lisa Polten und Tobias Sirtl kuratierten Schau. Arndt zeigt zum dritten Mal die Arbeiten von Meisterschülern. Die elf ausgestellten Künstler sind sehr jung, Mitte zwanzig bis Anfang dreißig, und sie kommen aus den Meisterklassen der Universität der Künste und der Weißensee Kunsthochschule. Viele haben zwar schon Preise gewonnen und Stipendien erhalten, aber für die meisten ist es die erste Galerieausstellung. Dabei fällt auf, dass Malerei mit nur einer Künstlerin vertreten ist, nämlich Marlen Letetzki. Man könnte meinen, die Meisterschüler hätten einen Hang zu verkopfter Konzeptkunst, mit Referenzen an Naturwissenschaften und Alchemie. Aber die Ergebnisse sehen ziemlich gut aus.

Andy Warhol hat einmal gesagt, es müsste Restaurants geben, in denen man in eine Kabine gehen kann, um dort alleine zu essen. In Japan gibt es das natürlich schon längst, allerdings als Solo-Karaoke-Kabine. So eine Kabine hat Mari Matsutoya nachgebaut. "Are You Lonesome Tonight?" heißt die Arbeit, und die Galeriebesucher sind zum Singen angehalten. Unbeobachtet und allein, versteht sich. 

Freilich ist ein Galeriebesuch kein so einsames Vergnügen. Und es ist ein Glück für die Künstler, dass ihre Arbeiten nicht ganz unbeobachtet bleiben. Denn bei Arndt bekommen sie alle Vorzüge einer großen Galerieausstellung: Kontakte zu Sammlern, Galeristen und Kritikern. Allerdings läuft die Ausstellung auch nicht lange, denn die Galerie muss eine Art Querfinanzierung vornehmen, erklärt die Kuratorin Lisa Polten. Die großen Einnahmen bringen nämlich die bekannten Künstler, die die Galerie vertritt. Die Preise wachsen erst mit den Lebensläufen.

Aber es lohnt sich, bis zum 28. November noch einmal vorbeizuschauen. Denn die beiden Kuratoren haben von den Rundgängen der Universität der Künste und der Weißensee-Hochschule die interessantesten Arbeiten ausgewählt. Dass allein zwei der elf Künstler bei Ólafur Elíasson gelernt haben, spricht sicher für den dänisch-isländischen Künstler. Diesen Einfluss merkt man an der Beschäftigung mit Natur und Wissenschaft.

Die Zeit, die man sich mit einem Kunstwerk beschäftigt, kann man mit Malte Bartschs Werk messen. Die "Time Machine" des Elíasson-Absolventen ist auch das letzte Werk, das man vorm Verlassen der Galerie sieht. Die Besucher drücken einen Knopf, die Maschine spuckt einen Kassenbeleg aus. Darauf steht wie lange man den Knopf gedrückt hat. Da ist nichts Esoterisches mehr. Kunst zu machen ist Arbeit, Kunst zu betrachten auch.