Made-Space, Berlin

Violet mag Violine

Sie ist orange, kann sich in voller Größe bis auf über zwei Meter ausstrecken und steckt voller Schläuche. Und obwohl sie auf Knopfdruck funktionieren müsste, ist sie, wie Hermann August Weizenegger sagt, „eine echte bitch“. Wahlweise mit einem kleinen Bohrkopf oder Bunsenbrenner bewaffnet, umkreist dieses Miststück weiße Wachsblöcke wie eine Katze, fräßt, schleift und brennt sich in die weiche Masse hinein und birgt wundersame Formen. Weiße Wachsflocken wirbeln dabei wie Schnee umher und fallen leise zu Boden.

„Sie“ wurde übrigens „Violet“ getauft und ist ein Roboter, der hauptsächlich in der Automobilindustrie zum Einsatz kommt. Doch Produktdesigner Weizenegger hat gemeinsam mit Komponist Miki eine ganz andere Ästhetik in der Maschine entdeckt: Kunst. Während der Performance „Valse Automatique“ wird Violet durch Mikis zarte Violinenklänge zum Leben erweckt und beginnt mit filigranen Bewegungen, Wachsblöcke zu formen.

Die Performance, die gestern im Made-Space am Alexanderplatz in Berlin uraufgeführt wurde, spielt zusehends mit den Emotionen der Besucher. Ein Industrieroboter – kalt, statisch und kompliziert – reagiert auf Klang und Melodie. Miki spielt Violine, Violet arbeitet. Fünf Blöcke stehen an ihren Achsen, beinahe liebevoll schmilzt sie die Wachsbrocken mit ihrem Bunsenbrenner in Form. Je nach Titel des Liedes heißt das Ergebnis dann zum Beispiel „Träumerei“ oder „The Joke“.

Seit nun beinahe einem halben Jahr arbeiten Weizenegger und Miki gemeinsam mit einem sechsköpfigen Team an der Valse Automatique. Computerprogramme mussten extra geschrieben und der – „manchmal etwas störrische“ – Roboter programmiert werden, um die Intentionen der kreativen Köpfe umzusetzen.

Maschinenästhetik in der Kunst ist natürlich nichts Neues. Schon Leonardo da Vinci zeichnete, baute und träumte beinahe wie ein Wahnsinniger von Robotern, Fluggeräten und abstrusen Apparaturen. Doch für Weizenegger steckt eine andere Faszination hinter der Frage nach Kunst und Maschine: „Handgemacht impliziert immer auch einen individuellen Charakter. Aber was bedeutet eigentlich noch handgemacht?“

Hier arbeitet eine industrielle Maschine individuell. Und lässt sich von klassischer Musik hinreißen, einfach einmal nichts herzustellen sondern mit – wenn man es so sagen kann – Herzenslust Material zu behauen. Um der Kunst Willen. Das Verwirrspiel mit Mensch und Maschine geht auf. Entstanden ist ein bezauberndes kleines Werk, das mit Minusgraden und Schneegestöber vor dem Fenster wie ein techno-romantisches Wintermärchen anmutet.

Die zweite Aufführung von Valse Automatique findet am Freitag, 10. Dezember, um 20 Uhr im Made-Space, im Haus des Reisens, Alexanderstr. 7, statt. Plätze nur über Gästeliste. Die Ausstellung läuft vom 11.-14. Dezember und vom 7.-16. Januar. Weitere Informationen unter http://made-blog.com/