Herr Resch, Sie tragen Sammlerprofile aus aller Welt zusammen. Dachten Sie zu Beginn nicht, dass es so ein Verzeichnis schon irgendwo geben müsste?
Ich habe mit 20 eine Galerie gegründet und mich damals nach einer Adressdatei für Sammler umgeschaut – aber keine gefunden. Seitdem hat mich der Gedanke verfolgt, selbst so eine Übersicht zu erstellen. Mit "Larry’s List" haben wir das nun realisiert. "Larry" ist ein nützliches Tool für Kunstgalerien und Auktionshäuser, um neue Kunden zu finden oder mehr über bestehende zu erfahren. Und das zu einem fairen Preis. Profile kosten ab 9,50 Dollar.
Ihre Datenbank listet aktuell über 3.100 Kunstsammler aus aller Welt mit ihren Kollektionen auf. Wie haben Sie die alle zusammengetragen?
Unser Team besteht aus 25 Researchern aus 20 Nationen, die alle lokale Kunstmarkt-Expertise haben. Die ersten Sammlernamen sind leicht zu finden. Danach beginnt die echte Forschungsarbeit. Dabei sind wir extrem kreativ. Zum Beispiel sieht ein Researcher eine unbekannte Person in einem Magazin neben einem anderen Sammlerehepaar. Dann schaut er nach, was er über diese Person findet und prüft, ob sie eine Sammlung hat und als ernsthafter Sammler gilt. So ergeben sich dann nach und nach die Sammlernamen und die Profile. Es erinnert manchmal an ein Mosaik, das wir zusammenfügen.
Das heißt, das Schwierigste ist, die Sammler überhaupt zu identifizieren?
Ja. Wir müssen zum Beispiel wissen: Wer sind die Sammler in Hong Kong? Wer in Brasilien? Die ersten fünf findet man leicht - im Zweifel haben die schon etwas publiziert oder wurden in einer Zeitung besprochen. Aber wir wollen vor allem die Sammler finden, die man nicht auf den ersten Blick identifiziert. Dabei ist uns wichtig, dass sich alle unsere Daten auf publizierte Quellen stützen. In unseren Profilen verweisen wir auf diese Quellen.
Auf welche Quellen stützen Sie sich denn?
Wir haben bei uns in der Datenbank aktuell über 27.000 Quellen. Das sind sowohl Online- als auch Offline-Quellen, also zum Beispiel Print-Magazine, Zeitungen, Auktionskataloge, Museumskataloge und viele mehr. Die Vielfalt ist so groß – man kann diese Daten nur manuell auswerten und nur, wenn man sich dafür sehr viel Zeit nimmt. Wir haben für die 3000 Sammler über ein Jahr gebraucht – und dabei weder Kosten noch Mühen gescheut. Das war Detektivarbeit.
Nach welchen Kriterien sortieren Sie die Sammler?
Wir haben versucht möglichst viele Filter anzubieten, damit der Galerist ein sehr zielgenaues Resultat erreicht. In welchem Land lebt der Sammler? In welcher Stadt? Welche Künstler sammelt er? An welchem Genre ist er interessiert? An welchem Medium? Ist er männlich oder weiblich?
Jetzt nehmen wir an, ich bin Galerist und habe einen Sammler gefunden, dem ich gerne etwas anbieten möchte – dann muss ich ja immer noch an ihn rankommen?
Erstmal freue ich mich. "Larry’s List" funktioniert. Jetzt kann der Galeristen den Sammler ansprechen. Wir hinterlegen dafür zu jedem Sammlerprofil Kontaktdetails. Das kann die direkte private E-Mailadresse sein, die postalische Anschrift, E-Mail-Adresse seines Personal Assistants, des Kurators, der Sammlung. Zusätzlich – wenn vorhanden – das Facebook-, Linked-In- oder Xing-Profil. Es geht also darum, einen Weg zu offerieren, um mit dem Sammler in Kontakt zu treten.
Und das schürfen Sie alles aus öffentlich zugänglichen Daten?
Ja. Wir arbeiten sehr transparent und klar. Alle unsere Daten sind aus öffentlich zugänglichen Quellen. Wir hinterlegen sogar jede Quelle in den Profilen. Es ist wirklich beeindruckend, wie viel man – wenn man wirklich die Zeit investiert – mit Quellen herausfinden kann. Die Vielfalt der Quellen macht es.
Was hat Sie beim Erstellen der ganzen Sammlerprofile am meisten erstaunt?
Die Dynamik in den emerging markets, in Asien und Lateinamerika! Da ist wirklich extrem viel Bewegung, ständig erscheinen neue Sammler. Da sind Profile, die werden den einen Monat geschrieben und einen Monat später müssen wir uns wieder zwei Tage dransetzen um sie zu updaten, weil so viel geschehen ist.
Nun sind viele Sammler ja nicht gerade öffentlichkeitsverliebt. Wie reagieren die denn darauf, dass sie jetzt plötzlich in Ihrer Datenbank auftauchen?
Das Feedback ist extrem positiv! Wir haben in den ersten drei Wochen über 50 E-Mails von Sammlern bekommen. Die haben uns beglückwünscht. Viele wollen ihre Daten updaten: „Bitte fügt noch dieses Kunstwerk zu meiner Sammlung hinzu“. Oder: „Ich interessiere mich auch für diesen Künstler und für jenes Genre. Ergänzt das bitte.“
Haben die denn keine Angst, dass Kriminelle die Datenbank nutzen und schauen, wo was zu holen ist?
Nochmal: alle Informationen, die wir in unserer Datenbank haben, sind bereits öffentlich zugänglich und in irgendwelchen Quellen zu finden. Alles was wir machen ist diese Quellen zusammenzubringen und sie anschaulich darzustellen.
Glauben Sie andersherum, dass der Kunstmarkt durch Ihre Datenbank langfristig vielleicht sicherer wird - also ein Wolfgang Beltracchi in Zukunft nicht mehr einfach eine Sammlung erfinden könnte?
Ich bin Unternehmer und kein Polizist. "Larry’s List" soll es Galeristen leichter machen, Kunden zu finden. Wenn wir damit den Kunstmarkt transparenter machen freut uns das.
Wie viele Kunden haben Sie selbst schon?
Ich bin sehr zufrieden mit dem Start. Neben zahlreichen Profilkäufen konnten wir sogar „All-Access-Zugänge“ an größere Kunstinstitutionen verkaufen. Das motiviert uns sehr!
Magnus Resch, 29, studierte Betriebswirtschaft in Harvard und der London School of Economics and Political Science und promovierte mit 26 an der Universität St. Gallen zum "Management von Kunstgalerien". Er lebt in Berlin und Hong-Kong
Larry’s List bietet aktuell über 3.100 Profile von Kunstsammlern. Nach Angaben des Unternehmens werden sie regelmäßig aktualisiert. Die einzelnen Profile können gegen eine Gebühr eingesehen werden – ab einem Preis von 9,50 Dollar