Kochkolummne von Mohamed Amjahid

Pause al Limone

In der heutigen Arbeitskultur kommt die Pause oft zu kurz, Abhilfe sollen schnelle Energieshakes schaffen. Unser Kolumnist ruft zum Boykott der kapitalistischen Trinkmahlzeiten auf und plädiert stattdessen für ein Zitronen-Pasta-Rezept

Wie ekelhaft sind denn diese überteuerten Trinkmahlzeiten, die sich Leute gerade massenweise reinschütten? Ich bin so erzogen, dass ich keine Kraftausdrücke für Lebensmittel benutze. Da ich die besagten Shakes aber nicht als Lebensmittel betrachte, bewegt sich diese Kolumne voll im Rahmen. 

Wo war ich stehen geblieben? Ah ja, die für diese kulinarische Verrohung verantwortlichen Start-ups heißen Yfood, Huel oder Mana, aber auch große Konzerne wie die Ehrmann-Molkerei sind ins Geschäft mit den gestressten people eingestiegen, die not very much time haben, um eine echte Mahlzeit zu sich zu nehmen. Das Versprechen: Mit ein paar Schlückchen alle wichtigen Nährstoffe, Kohlenhydrate, Proteine und Fette aufnehmen und dann WIEDER AB AN DIE ARBEIT, DU KNECHT!

Ich finde, dass diese Trinkmahlzeiten die Steigbügelhalter für die kapitalistische Ausbeutung sind. Du musst für einen Hungerlohn bei einem Subunternehmer noch 100 Pakete zustellen, aber es ist schon 16 Uhr? Dann hau dir ein All-inclusive-Getränk in den Geschmacksrichtungen "Pistachio Style", "Cinnamon Stardust" oder "Erhebender Lime Cake" rein und mach bloß keine Pause. Am besten trinkst du aus, während du die Treppen in den fünten Stock steigst mit dem schweren Paket, das du in drei Tagen als Retour eh wieder zurückschleppen wirst. Die Trinkmahlzeiten aus der Hölle sind natürlich auch für Menschen in Büro-Legebatterien, an Unis vor wichtigen Klausuren oder generell mit einem busy lifestyle designt.

Butter bei die Fische

Jetzt mal Butter bei die Fische: Was es braucht sind nicht Mahlzeiten-Imitate sondern echte Pausen, in denen Menschen essen, trinken und sich mal ausruhen können. Wenn schon Lohnarbeit, wäre dies ein Minimum an Lebensqualität, die wir uns gegenseitig zugestehen sollten. 

Selbst Harry Wijnvoord mit seinem Slimfit-Wahn aus den 90ern war humaner, hat er doch das suspekte Pulver zumindest nicht als Lebensstil verkauft, mit dem vor allem Jugendliche gerade das Kauen verlernen, und mit dem Unmengen an Plastik in Umlauf gebracht werden.

Wer noch nicht überzeugt ist, dem kopiere ich hier einen Auszug aus der Zutatenliste der "Ready-to-Drink"-Plörre: mittelkettige Triglyceride in Pulverform, Maltodextrin, Steviolglycoside, Polysaccharid Carboxymethylcellulose, verabeitete Euchema-Algen, noch mehr Emulgatoren und ganz viel Aroma aus dem Labor. Vor allem ist aber Wasser drin. Ganz viel Wasser, sehr teures Wasser. Traurig, wer sich das freiwillig antut oder unfreiwillig antun muss.

Pausen-Pasta

Für alle die jetzt Lust auf eine schnelle, echte Mahlzeit bekommen haben: Diese Pasta al Limone besteht nur aus vier Zutaten und ist wirklich schnell ready to genieß. In einer Mittagspause zubereitet und verspeist, macht sie sogar zwei gestresste Menschen glücklich. 250g Spaghetti (Vollkorn, wenn es gesund sein soll) etwas fester als al dente in reichlich Salzwasser kochen. In einer Pfanne in etwas Olivenöl zwei geriebene Knoblauchzehen anschwitzen, den Saft einer unbehandelten Zitrone hinzugeben, mit Salz und Pfeffer abschmecken. 

100g geriebenen Parmesan- oder Pecorinokäse hinzufügen, die Spaghetti drauf, eine Kelle Pastawasser hinterher. Zuletzt die abgeriebene Schale der Zitrone dazugeben und kurz in der Pfanne schwenken. Mit etwas Käse, Zitronenabrieb und, wer mag, Basilikum servieren.

Dieses Gericht ist sogar günstiger als jede von diesen Trinkmahlzeiten, die kosten im Handel nämlich bis zu unverschämte 4,99 Euro pro Einheit. Und ich bin mir supersicher, dass sich die Manager der Start-up-Unternehmen und Großmolkereien lieber von dieser Pasta als von ihren eigenen Produkten ernähren.