Medienschau

"Eine Indoktrinierung des Publikums"

artikelbild_monopol-medienschau

Wird Caspar David Friedrich für eine woke Agenda instrumentalisiert, kann man Rothkos Schwingungen noch spüren, und können Künstler über den Nahost-Krieg ins Gespräch kommen? Das ist unsere Medienschau am Dienstag

 

Debatte

Alan Posener ist so gar nicht amused über die Ausstellung "Caspar David Friedrich. Kunst für eine neue Zeit" in der Hamburger Kunsthalle. "Didaktisierung, Infantilisierung und Indoktrinierung des Publikums" wirft der "Welt"-Autor den Kuratoren vor, die es tatsächlich wagten, im Werk des Romantik-Malers "angesichts der Klimakrise" Sinnbilder für die "Zerbrechlichkeit der Natur" zu sehen. Und "natürlich darf der Postkolonialismus nicht fehlen", lästert Posener weiter und kanzelt den "afro-amerikanischen Kitsch-Maler Kehinde Wiley" ab, von dem zwei Friedrich-Adaptionen in Hamburg gezeigt werden. Jaja, die Masche mit den Triggerpunkten…


Die Überreste von mindestens 17.000 Menschen aus "kolonialen Kontexten" lagern in den Kellern deutscher Museen: Das ist das Ergebnis eines Berichts, der im Auftrag von Bund, Ländern und Kommunen erstellt und nun veröffentlicht wurde. Jörg Häntzschel schreibt in der "Süddeutschen Zeitung", dass die Studie einen ersten Versuch darstellt, "einen Überblick über diese verdrängte Hinterlassenschaft von Kolonialismus und Rassenlehre zu bekommen." Eine neue Ethik für den Umgang mit den unbestatteten Toten sei überfällig, am weitesten sei man im Leipziger Grassi-Museum, wo man einerseits mehr als 200 Restitutionen vorgenommen habe und zudem einen Leitfaden ausgearbeitet habe, dessen Grundidee darin bestehe, "nach der Dehumanisierung der Toten in den Händen von Kolonialsoldaten, skrupellosen Händlern und Museumsleuten nun alles für deren 'Rehumanisierung' zu tun."


Ausstellung

Tal Sterngast geht mit guten Fragen in eine Mark-Rothko-Schau in Paris: "Die ambitionierte und in ihrem Umfang einmalige Retrospektive 'Rothko', die derzeit in der Fondation Louis Vuitton in Paris zu sehen ist, führt auch in ein Dilemma: Ist es überhaupt möglich, den kulturellen Abstand zu überspringen und diese Gemälde heute so zu erleben, wie sie ursprünglich gedacht waren, und, wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?", schreibt sie in der "FAZ". Und weiter: "Rothko sah die Gemälde als Vehikel, um den Betrachter einzubeziehen. Aber ist es, selbst wenn man kein iPhone dazwischenhält, noch möglich, das Vibrieren der Farbflächen als Schwingung zu erfahren und nicht einfach als eine berühmte Komposition?" Konkrete Antworten gibt es nicht, aber lesenswert ist es allemal, wie die Autorin von Saal zu Saal streift und Rothkos künstlerischen Werdegang angesichts des Traumas des Zweiten Weltkriegs, des Holocaust und seiner persönlichen Krisen nacherzählt.


Comic

Unter dem Titel "Wie geht es Dir? Zeichner:innen gegen Antisemitismus, Hass und Rassismus" laden renommierte Comickünstlerinnen und -künstler dazu ein, sich über die Auswirkungen des Hamas-Angriffs auf Israel und des Krieges im Gazastreifen auszutauschen. Lars von Törne stellt die Initiative, die mit organisatorischer Unterstützung des Internationalen Comic-Salons Erlangen online gestartet ist, im "Tagesspiegel" vor. Der Überfall vom 7. Oktober und die darauffolgende Militäraktion Israels im Gazastreifen habe die Comicszene ebenso polarisiert wie den Rest der Gesellschaft, schreibt Törne. "Vor dem Hintergrund ist das Projekt 'Wie geht es Dir?' ein bemerkenswerter Vorstoß, jenseits der Polarisierung miteinander ins Gespräch zu kommen. An der Vielfalt der Rückmeldungen aus der Szene wird sich zeigen, wieweit die Initiative Erfolg hat." Geplant ist, dass auf einer Webseite jede Woche ein neuer Comic veröffentlicht wird.


Film

Die Co-Chefin der Berlinale, Mariette Rissenbeek, sieht sich auch nach ihrem Ausscheiden bei dem Filmfestival in der Hauptstadt. "Ich möchte auf jeden Fall in Berlin bleiben", sagte die Berlinale-Geschäftsführerin der Presseagentur Dpa. Die Stadt habe so viele Facetten und sei viel attraktiver als Städte, die homogener sind. "Hier kann man zum Beispiel Neukölln, Charlottenburg und Pankow besuchen und sieht im Prinzip drei unterschiedliche Städte, wenn man die Bezirke vergleicht. Das mag ich sehr gerne", sagte die 67-Jährige.

Rissenbeek hatte im Frühjahr angekündigt, das Filmfestival nach der kommenden Ausgabe im Februar zu verlassen. Auch für Carlo Chatrian, der in der Doppelspitze die Künstlerische Leitung übernimmt, wird es in seiner Funktion die letzte Berlinale. "Ich habe vorher in verschiedenen Bereichen der Filmindustrie gearbeitet und würde gerne wieder mehr an Inhalten arbeiten", sagte Rissenbeek. So werde sie etwa in ein Programm für einen Drehbuch-Workshop für drei afrikanische Länder – Simbabwe, Kenia und die Elfenbeinküste – involviert sein.

Chatrian sieht sich in der Filmbranche, "entweder bei einem Festival oder in einer anderen Institution." Er habe noch keinen definitiven Plan. Ende August hatte Kulturstaatsministerin Claudia Roth angekündigt, die Berlinale solle künftig nur noch von einer Person geleitet werden - statt wie bisher von einer Doppelspitze.

Der 52-Jährige hatte daraufhin verkündet, das Festival nach der kommenden Ausgabe zu verlassen. "Ich war überrascht, das ist kein Geheimnis. Ich hatte nicht erwartet, dass die Position des künstlerischen Leiters in Frage gestellt wird", betonte Chatrian. Natürlich habe das BKM das Recht, die Struktur zu verändern. "Es liegt nicht an mir, das zu sagen, aber die Zusammenarbeit ist nicht zerrüttet." Die nächste Berlinale findet vom 15. bis zum 25. Februar statt. Ab April übernimmt die US-Amerikanerin Tricia Tuttle die Leitung.