Medienschau

"Die nächste Documenta wird die beste!"

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Was bringt ein möglicher Entschließungsantrag des Bundestags zu härteren Maßnahmen gegen Antisemitismus den deutschen Kulturinstitutionen? Wie geht es weiter mit der Documenta? Bleibt Galerist Ropac in Salzburg? Das ist unsere Presseschau am Donnerstag

Antisemitismus-Debatte

Mehrere Bundestagsfraktionen wollen mit einem Entschließungsantrag jüdisches Leben besser schützen, berichtet Tobias Timm in der "Zeit". Es fänden sich auch Forderungen darunter, die Leitungen von Kultureinrichtungen Sorge bereiten. Im Antrag der Ampelfraktionen werde "die Prüfung eines Organisations- oder Betätigungsverbot für die bereits 2019 als eindeutig antisemitisch bezeichnete BDS-Bewegung gefordert – und eine Art Lieferkettengesetz für die Kunst: Es soll kein Geld mehr an Kultureinrichtungen fließen, die wiederum mit Einrichtungen oder aber Personen zusammenarbeiten, die das Existenzrecht Israels infrage stellen. Die Kontrolle und Einhaltung einer solchen Vorgabe dürfte gerade für Kultureinrichtungen mit großen Netzwerken im Ausland zu einem ernsthaften Problem werden." Denn: "Im angelsächsischen Raum, aber auch im sogenannten Globalen Süden versammeln sich oft große Teile der dortigen Kulturprominenz hinter BDS-nahen Aufrufen gegen Israels Regierungspolitik. Darunter sind nicht selten auch jüdische oder jüdisch-israelische Unterzeichner. Die Frage, die sich nun Kulturpolitiker in Hintergrundgesprächen stellen: Sollen deutsche Institutionen in Zukunft auch diese jüdischen Menschen boykottieren?"

Einen hilfreichen Hintergrundbericht um die Vorgänge rund um das Kulturzentrum Oyoun in Berlin-Neukölln gibt Claudia Reinhard im "Tagesspiegel". Nach Kritik an Veranstaltungen mit Bezug zum Nahost-Konflikt hat der Senat ein neues Förderkonzept für den Ort angekündigt. Dieser gab daraufhin sein Ende bekannt. "Anders als das Instagram-Statement von Oyoun suggeriert, gab der Senat am Montag keine 'Streichung' der Gelder für das Kulturzentrum bekannt. Man berate allerdings über 'ein neues Profil' für die landeseigene Liegenschaft in der Lucy-Lameck-Straße. Die Förderung, in deren Rahmen in diesem Jahr rund eine Million Euro an Oyoun flossen, laufe zum Ende des Jahres regulär aus." Und weiter: "Wie die Chancen von Oyoun auf eine neue Förderung stehen, kann sich jeder ausrechnen. Dass der Senat sich vorbehält, im Rahmen seiner rechtlichen Möglichkeiten politisch motivierte Förderentscheidungen zu treffen, dürfte indes niemanden überraschen."

Ausstellung

Na also, ein bisschen Zuversicht: "Die nächste Documenta wird die beste!", meint Hanno Rauterberg in der "Zeit". Zwar liegt nach dem jüngsten Eklat alles in Trümmern, aber: "Vielleicht liegt gerade hier, in der fortschreitenden Selbstvergiftung der Diskurse, der allerbeste Grund dafür, an der alten, immer wieder neuen Idee der Documenta festzuhalten. Denn gerade dafür war Kassel ja immer gut: Alle fünf Jahre wollte man hier beweisen, wie abrupt und überraschend sich das Denken in neue Bahnen lenken lässt. Die Kunst darf sich jederzeit untreu werden, sie gehört keinem Lager, keiner Ideologie. Sie folgt ihrem eigenen Programm." Ganz anders sieht es Philipp Meier in der "NZZ": "Vorgeschlagen werden die Mitglieder der Findungskommission durch frühere Kuratoren der Documenta. So entmachten die Verantwortlichen, die Stadt Kassel und das Land Hessen, die die Grossausstellung finanzieren, sich gleich selber. Bei der Wahl der künstlerischen Leitung zählt dann meistens die Gesinnung mehr als der Kunstverstand. Wer alles richtig machen will, macht am Ende alles falsch."

Kunstmarkt

Für "Die Welt" besucht Klassikkritiker Manuel Brug den Salzburger Thaddaeus Ropac anlässlich des 40. Galerie-Jubiläums. Und es geht tatsächlich um Musik: "Sentimental wird der auf Wunsch seiner Mutter nach dem Apostel Judas Thaddäus, dem Heiligen der letzten Erlösung, benannte Kunsthändler nur, wenn er den Zauber des weltabgehobenen Musenorts Salzburg beschwört. In der bleiernen Spät-Karajan-Ära konnte er sich etablieren, die befreiende Gerard-Mortier-Ära hat Ropac mitgestaltet. Er hat den kunsthungrigen Intendanten mit dem Künstler Robert Longo zusammengebracht, der dann – bis heute – seine vier Kreuze ins Große Festspielhaus-Foyer gehängt und 1993 für Mozarts 'Lucio Silla' das Bühnenbild entworfen hat." Wird er in zehn Jahren noch in Salzburg sein? "Thaddaeus Ropac spricht leise: 'Die politischen Verbiegungen irritieren mich, befremden mich, da erkenne ich mein Salzburg nicht wieder – ich dachte, es ist hier liberaler. Die gegenwärtige Politik wird bestimmen, wie ich der Stadt verbunden bleibe …'" Die aktuelle Salzburger Landesregierung besteht seit Juni auf Basis einer Koalition zwischen den Parteien ÖVP und FPÖ.

Die New Yorker Galerie Cheim & Read schließt nächsten Monat nach 26 Jahren ihre Pforten, vermeldet "Artnet News". Und im Alter von 90 Jahren kündigt die Galeristin und Gründerin der Kunstmesse Arco Juana de Aizpuru ihren Rückzug an, berichtet die "FAZ"

Podcast

Frida Kahlos Leben war Gegenstand von Filmen, Dokus, Biografien, Ausstellungen und selbst einem Broadway-Musical, jetzt erzählt der WDR noch einmal in einem Hörspiel von der mexikanischen Malerin. "Gesprochen von Schauspielbekanntheiten wie Victoria Trauttmannsdorff, Omar El-Saeidi oder Carlos Lobo ermöglicht dieses akustische Lebensporträt einen Blick in die Wendungen eines Künstlerinnenlebens und all der Menschen, die es prägten", verspricht der Sender. 

Nachrufe

Birgit Rieger erinnert im "Tagesspiegel" an die Berliner Videokünstlerin Margaret Raspé, die jetzt mit 90 Jahren gestorben ist. "Margaret Raspé, die ihr Studium an der Hochschule der Bildenden Künste Ende der Fünfzigerjahre aufgab, machte ihr Dasein als Hausfrau zum Gegenstand ihrer Kunst. Diese Verbindung von Kunst und Leben war in den 70er Jahren revolutionär und ist heute Pioniertat. Ebenso wegweisend sind Raspés Gedanken zur Gleichberechtigung oder zum Verhältnis zur Natur, die sie auf vielfältige Weise in ihre Kunst integrierte: Wer Fleisch isst, muss auch schlachten, das etwa zeigt einer ihrer Filme." In der "Berliner Zeitung" schreibt Ingeborg Ruthe den Nachruf. Den Monopol-Nachruf lesen Sie hier

Die dänische Schauspielerin und Regisseurin Cæcilia Holbek Trier ist tot. Der Bruder der 70-Jährigen, der Komponist Joachim Holbek, hat dem Filmmagazin "Ekko" bestätigt, seine Schwester sei an einer Hirnblutung gestorben. Holbek Trier begann ihre Filmkarriere mit 16 Jahren in dem norwegischen Kinderfilm "Bjurra". Sie studierte Grafikdesign mit Schwerpunkt Fotografie an der Dänischen Designschule, absolvierte eine Grundausbildung an der Dänischen Filmhochschule und begann danach, selbst Filme zu drehen. 1987 war sie in Lars von Triers "Epidemic" zu sehen. Im gleichen Jahr heirateten die beiden. Später spielte sie auch in von Triers «Europa» mit. Die Ehe wurde 1995 geschieden. In den 1980e- Jahren führte Holbek Trier bei einer Reihe von Kurz-, Dokumentarfilmen und Fernsehsendungen Regie und drehte 1997 ihren ersten Spielfilm "Nonnebørn", der auf Kindheitserinnerungen basierte und für den sie auch das Drehbuch schrieb. Ihre beiden Töchter arbeiten auch im Filmgeschäft.